Je stärker Eltern den Zuckergehalt von Lebensmitteln unterschätzen, umso höher ist der Body-Maß-Index ihrer Kinder. Zu diesem Ergebnis kam eine wissenschaftliche Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Zusammenarbeit mit der Universität Mannheim, die auf dem 1. Deutschen Zuckerreduktionsgipfel am 28. Juni 2017 in Berlin vorgestellt wurde. Bei der Veranstaltung diskutierten auf Initiative des AOK-Bundesverbandes Vertreter aus Politik, Industrie, Wissenschaft und der Gesundheitsbranche über Wege, den Anteil von Zucker, aber auch von Salz und Fett in Lebensmitteln zu verringern.
Eltern haben oft zu wenig Wissen
Derzeit liegt der Zuckerverbrauch in Deutschland bei 90 Gramm pro Person und Tag. Zum Vergleich: Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt höchstens 50 Gramm für Erwachsene und 25 Gramm für Kinder. Das größte Problem ist nach Angaben der AOK der künstlich zugesetzte Zucker in Lebensmitteln. Die Folgen des hohen Zuckerkonsums sind unter anderem die Zunahme von Übergewicht und Diabetes – auch schon bei Kindern. Um dem entgegenzuwirken, hat die AOK unter dem Motto "süß war gestern“ eine nationale Kampagne zur Zuckerreduktion gestartet.
Vor allem wenn es darum geht, den Zuckerkonsum von Kindern zu reduzieren, spielen offenbar das Wissen und die Einstellung der Eltern eine große Rolle. So unterschätzen 92 Prozent der Eltern den Zuckergehalt eines handelsüblichen 250-Gramm-Fruchtjoghurts. Dabei gehen sie im Durchschnitt von nur vier statt der tatsächlich vorhandene elf Zuckerwürfel in einem Joghurtbecher aus. Diese Fehleinschätzung macht sich im Gesundheitszustand der Kinder bemerkbar und kann bei ihnen zu Übergewicht führen, wie die Studie des Max-Planck-Instituts gezeigt hat.
Forderungen an Politik und Industrie
Angesichts dieser Ergebnisse fordert der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, von Politik und Lebensmittelindustrie deutlich mehr Anstrengungen zur wirksamen Zuckerreduktion: "Wir brauchen einfach mehr Transparenz über versteckten Zucker. Um angemessene Ernährungsentscheidungen treffen zu können, müssen Eltern abschätzen können, wie viel Zucker in Essen und Getränken enthalten ist.“ Litsch kritisiert dabei vor allem auch die Lebensmittelindustrie, die sich seit Jahren gegen eine laienverständliche Lebensmittelkennzeichnung sträube. Unterdessen verarbeite sie weiter unnötig viel Zucker in den Produkten und werbe flächendeckend mit gezieltem Kindermarketing. Die AOK erhofft sich von ihrer Kampagne eine Gegenbewegung zu dieser Entwicklung.
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