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Antibiotikaresistenz: Forscher finden schnellen Nachweis

Freitag, 1. Juni 2018 – Autor: anvo
Die schnelle Diagnose von Antibiotikaresistenzen wird immer wichtiger. DZIF-Wissenschaftler an der Uniklinik Köln haben nun einen diagnostischen Test entwickelt, der innerhalb von zehn Minuten die weit verbreitete Carbapenem-Resistenz von Acinetobacter-baumannii-Bakterien anzeigt.
Antibiotikaresistenz, Carbapenem, Krankenhauskeime

Die Zunahme an Antibiotikaresistenzen liegt unter anderem in der sorglosen Verschreibung der Medikamente begründet – Foto: ©firefighter6063 - stock.adobe.com

Krankenhauskeime werden zu einem immer größeren Gesundheitsproblem. Auch Acinetobacter baumannii gehört dazu. Bei einer Infektion können die Bakterien Lungenentzündungen und Blutvergiftungen so wie Wundinfektionen oder eine Hirnhautentzündung auslösen. Immer häufiger – insbesondere in Asien, Südamerika, Nordafrika und Südeuropa – kommen multiresistente Stämme des Bakteriums vor, die gegen viele Antibiotika unempfindlich sind.

Besonders kritisch ist es, seit auch Reserve-Antibiotika aus der Gruppe der Carbapeneme als Mittel der Wahl mehr und mehr versagen. Dies kann zu gefährlichen Epidemien führen. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) haben mit Antikörpern einen diagnostischen Test entwickelt, der innerhalb von nur zehn Minuten die weit verbreitete Carbapenem-Resistenz von Acinetobacter-baumannii- Bakterien anzeigt – ähnlich wie ein Schwangerschaftstest.

Enzym macht Antibiotika wirkungslos

Carbapenem-resistente Acinetobacter-baumannii-Stämme führen die WHO-Liste der gefährlichsten Antibiotika-resistenten Bakterien an. Zu der Resistenz kommt es, wenn die Bakterien bestimmte Enzyme ausbilden, die sogenannten Carbapenemasen, die das Antibiotikum angreifen und unwirksam machen. Um die Carbapenemasen und damit die Resistenz in den Bakterien-Isolaten nachzuweisen, braucht man derzeit mit gängigen Verfahren in der Regel fast zwei Tage.

Nun haben sich DZIF-Wissenschaftler verschiedener Disziplinen (Mikrobiologie, Immunologie und Molekularbiologie) und der belgischen Firma Coris BioConcept zusammengetan, um einen Diagnose-Kit zu entwickeln. Die Wissenschaftler identifizierten OXA-23 als die Carbapenemase, die von 80 Prozent aller multiresistenten A. baumannii-Stämme weltweit gebildet wird. „Wir haben vor einigen Jahren entdeckt, dass OXA-Carbapenemasen in größerer Menge in den Bakterien vorkommen müssen, um überhaupt wirksam zu sein“, erklärt Dr. Paul Higgins von der Universität Köln. „Diese höhere Konzentration gab uns die Möglichkeit, Antikörper zu generieren, mit denen wir OXA-23 nachweisen können“, ergänzte Dr. Alexander Klimka. Diese Idee, die sie gemeinsam mit Dr. Sonja Mertins, ebenfalls Universität Köln, entwickelten, führte letzten Endes zu einem Test, der innerhalb von etwa zehn Minuten die Carbapenem-Resistenz von Acinetobacter baumannii anzeigt und damit fast einen Tag in der Diagnostik spart.

 

Forscher: Neuer Test ist schnell und zuverlässig

Die Herstellung und Aufreinigung des Enzyms und die Generierung von spezifischen, monoklonalen Antikörpern erfolgte an der Uni Köln. Die Herstellung der Teststreifen, an die die Antikörper gekoppelt werden, sowie die Vermarktung liegt nun in den Händen von Coris BioConcept, welches den neuen Diagnose-Kit voraussichtlich im Juli dieses Jahres auf den Markt bringen wird.

Und so funktioniert der Resistenztest in der Klinik: Das Isolat des Bakterienstammes, das zum Beispiel von einem Patienten mit Lungenentzündung stammen kann, wird in einer Lösung aufgenommen und auf den Teststreifen aufgetropft. Die Lösung läuft dann an zwei spezifischen Antikörpern im Filterstreifen vorbei, die beide an die gesuchte Carbapenemase, OXA-23, binden können, und zwar an unterschiedlichen Stellen des Enzyms. Erfolgt diese doppelte Bindung, wird eine Bande auf dem Teststreifen sichtbar. Damit weiß der behandelnde Arzt sofort, dass er eine Alternative zu Carbapenem einsetzen muss und gegebenenfalls besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine Ausbreitung des Keims zu verhindern. Dr. Higgins vergleicht das neue Verfahren mit einem „Schwangerschaftstest, weil es ganz ähnlich funktioniert und ebenso eindeutig zu interpretieren ist.“

Foto: © firefighter6063 - Fotolia.com

Hauptkategorien: Medizin , Gesundheitspolitik
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