Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Amöbe an Parodontitis beteiligt

Freitag, 17. April 2020 – Autor:
Eine Amöbe ist an Parodontitis beteiligt. Das fanden Forscher der Charité – Universitätsmedizin Berlin heraus. Der Parasit sorgt für Gewebezerstörungen und Entzündungsreaktionen. Das liefert einen neuen Behandlungsansatz.
Entamoeba gingivalis

Die Amöbe Entamoeba gingivalis besiedelt die Mundhöhle von Patienten mit schweren Zahnfleischentzündungen

Eine Amöbe ist an Parodontitis beteiligt. Das fanden Forscher der Charité - Universitätsmedizin Berlin heraus. Der im Mund häufig vorkommende einzellige Parasit sorgt für Gewebezerstörungen und starke Entzündungsreaktionen. Das könnte einen neuen Behandlungsansatz liefern.

Die Amöbe Entamoeba gingivalis besiedelt in hoher Anzahl die Mundhöhle der meisten Patienten mit schweren, mitunter wiederkehrenden Zahnfleischentzündungen. Sie ist eine Verwandte der im Darm die Amöbenruhr auslösenden Entamoeba histolytica und verhält sich ähnlich. Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Journal of Dental Research beschreiben, ist nicht nur die Invasionsstrategie beider Amöben vergleichbar, sondern auch die Immunantwort des Körpers.

15 Prozent der Deutschen leiden an Parodontitis

Die Parodontitis ist eine Entzündung des Zahnhalteapparates und zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. In Deutschland leiden etwa 15 Prozent der Menschen an einer besonders schweren Form dieser Volkskrankheit. Unbehandelt führt Parodontitis zum Zahnverlust, sie begünstigt aber auch Arthritis, Kreislauf- und Krebserkrankungen.

Nun konnte das Team um Prof. Arne Schäfer, Leiter der Forschungsabteilung für Parodontologie am Institut für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Charité, zeigen, wie die orale Entzündung mit einer Kolonisierung der mundspezifischen Amöbe E. gingivalis einhergeht.

So ist die Amöbe an Parodontitis beteiligt

Die Wissenschaftler untersuchten entzündete Zahnfleischtaschen und fanden die Amöben bei etwa 80 Prozent der Patienten, aber nur bei 15 Prozent der gesunden Probanden. So ist die Amöbe an Parodontitis beteiligt: "Wir haben nachgewiesen, dass die auch die Mundhöhle besiedelnde E. gingivalis in die Schleimhaut eindringt und dort das Gewebe zerstört. In der Folge können vermehrt Bakterien eintreten und die Entzündung und Gewebezerstörung weiter verstärken", sagt Prof. Schäfer in einer Pressemitteilung.

Die Forscher konnten beobachten, dass die Parasiten in das Zahnfleisch eindringen, sich dort fortbewegen und die Wirtszellen töten, indem sie den Inhalt der Zellen in sich aufnehmen. Zellkulturexperimente zeigten zudem, dass eine Infektion mit E. gingivalis das Wachstum von Zellen verlangsamt und schließlich zum Zelltod führt.

Parodontitis künftig besser behandeln

"Der durch einfache Tröpfcheninfektion übertragbare Parasit ist somit ein möglicher Verursacher schwerwiegender oraler Entzündungskrankheiten", so Prof. Schäfer. Oft sind die Heilungserfolge der Parodontitis nur von geringer Dauer. Ursache könnte das hohe krankheitserregende Potenzial dieser bisher unbeachtet gebliebenen, aber äußerst häufigen Amöbe sein. Dessen Beseitigung könnt die Behandlung schwerer Entzündungen des Zahnfleisches gezielt und möglicherweise langfristig verbessern.

"Bislang werden weder die Infektion noch die erfolgreiche Eliminierung dieses Parasiten in der Therapie einer Parodontitis berücksichtigt." Aktuell soll eine klinische Studie klären, in welchem Umfang die Parodontitis durch eine Beseitigung der Amöben besser behandelt werden kann.

Foto: Schäfer/Charité

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Zahnmedizin

Weitere Nachrichten zum Thema Parodontitis

14.10.2019

Menschen, die an Parodontitis leiden, haben einer neuen Studie zufolge ein höheres Risiko für Bluthochdruck (Hypertonie). Eine Behandlung der Zahnfleischerkrankung senkt den Blutdruck aber nicht unbedingt.

07.07.2020

Kopflausbefall ist europaweit die häufigste Parasiten-Erkrankung im Kindesalter. Fälschlicherweise wird der Befall oft auf mangelnde Hygiene zurückgeführt. Betroffene schämen sich und schweigen. Dabei ist es wichtig, über das Tabuthema offen zu sprechen und die Parasiten so schnell es geht zu behandeln. Sonst können sie weitere Familienmitglieder, Mitschüler oder Freunde befallen.

31.12.2020

Parodontitis, eine Erkrankung des Zahnhalteapparates, kann zum Zahnverlust führen. Mehr als die Hälfte der 35- bis 44-jährigen leidet daran. Künftig sollen Zahnärzte sie systematischer behandeln.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin