Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Ambulante Pflegedienste: Wegen Personalmangels werden Anträge abgelehnt

Montag, 11. November 2019 – Autor: anvo
Den ambulanten Pflegediensten fehlt es an Personal. Schon heute werden viele Anträge von Patienten abgelehnt, zum Teil müssen Verträge sogar gekündigt werden. Experten befürchten, dass sich die Situation weiter verschlechtern wird.
Pflegedienst, ambulante Pflege, Personalmangel

Ambulante Pflegedienste sind jetzt schon überlastet; Experten erwarten für die Zukunft noch eine Verschärfung der Situation – Foto: ©Africa Studio - stock.adobe.com

In der Pflegeversicherung gilt das Prinzip „ambulant vor stationär“. Das entspricht dem Wunsch der meisten Menschen, im Alter zu Hause zu bleiben. Doch den ambulanten Pflegediensten fehlt es an ausreichend Personal, um alle Patienten, die das wünschen, versorgen zu können. Das teilt die Stiftung ZQP (Das Zentrum für Qualität in der Pflege) mit.

Bei einer bundesweiten Befragung unter 535 ambulanten Pflegediensten durch die ZQP gab mehr als die Hälfte der Befragten an, dass in ihrem Dienst Stellen für Pflegefachpersonen seit mindestens drei Monaten unbesetzt sind. Hochgerechnet gibt es in Deutschland in ambulanten Pflegediensten etwa 16.000 offene Stellen.

Versorgung durch ambulante Pflege nicht gesichert

80 Prozent der Pflegedienste berichten zudem, in den letzten drei Monaten Versorgungs-Anfragen abgelehnt zu haben, weil sie die Pflege nicht hätten sicherstellen können. 13 Prozent der Dienste geben sogar an, in den letzten drei Monaten Klienten gekündigt zu haben, weil sie deren Versorgung nicht sicherstellen konnten.

„Personalmangel in der gesundheitlichen Versorgung und nicht zuletzt in der Pflege ist ein Risiko für die Patientensicherheit“, warnt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP. „Wenn sich die Zahl pflegebedürftiger Menschen in Deutschland wie prognostiziert von heute etwa 3,4 auf 4,9 Millionen im Jahr 2054 erhöht, wird es sehr schwer werden, alle diese Menschen gut zu versorgen.“

Denn selbst falls kurzfristig deutlich mehr Pflegefachpersonen gewonnen werden können, scheiden in den nächsten Jahren viele Fachkräfte altersbedingt aus dem Erwerbsleben aus. „Die Frage muss erlaubt sein, wie das Versprechen von einer bedürfnisorientierten, menschenwürdigen Pflege sowie von besser unterstützten pflegenden Angehörigen zukünftig eingelöst werden soll“, so Suhr.

Patientensicherheit gefährdet

In der ambulanten Pflege ist das Thema Patientensicherheit besonders relevant, weil dort oft mehrere Akteure wie pflegende Angehörige, professionell Pflegende und Ärzte nebeneinander wirken. Ungenügende Kommunikation, fehlendes Wissen, Unachtsamkeit und Zeitdruck sowie unklare Prozesse erhöhen gesundheitliche Risiken, etwa für Stürze, Infektionen und Medikationsschäden. Mangelnde ambulante Pflegekapazitäten können zudem zu einer Überforderung pflegender Angehöriger oder zu einem Heimeintritt führen, der bei angemessener ambulanter Versorgung nicht nötig geworden wäre.

Pflegeberuf attraktiver machen

Vor diesem Hintergrund sieht es Suhr daher als besonders dringlich an, das Berufsfeld Pflege attraktiver zu machen. Insbesondere gehe es um die Aufgaben der Pflegenden, deren Qualifizierung und die Organisationskultur in den Einrichtungen. Diese müssten so ausgestaltet sein, dass es möglich ist, dort professionell und gerne zu arbeiten.

Für Suhr ist allerdings auch klar, dass das alleine nicht reichen wird: „Wir müssen zusätzlich die Chancen gezielter Prävention und der Digitalisierung im Gesundheitswesen nutzen. Sonst werden wir die Pflegequalität in Deutschland zukünftig nicht relevant verbessern können.“

Foto: © Africa Studio - Fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Gesundheitspolitik , Ambulante Pflege , Pflegekräfte , Pflegende Angehörige

Weitere Nachrichten zum Thema Pflege

10.06.2020

Pflegekräfte sind in der Coronakrise wichtiger denn je und gleichzeitig besonders gefährdet. Das persönliche Engagement ist und bleibt dennoch hoch. Über Wertschätzung, Sicherheitsrisiken und die Gefahr der Selbstausbeutung in Pflegeberufen hat Gesundheitsstadt Berlin mit dem Pflegeexperten Thomas Meißner gesprochen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin