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Ambulante Pflegedienste unter Beobachtung

Freitag, 27. März 2015 – Autor: Julia Frisch
Wegen Abrechnungsbetrugs wird gegen rund 25 Prozent aller ambulanten Pflegedienste in Berlin ermittelt, heißt es aus der Bezirksverwaltung. Gut 50 Millionen Euro pro Jahr soll der Schaden für die Stadt betragen.
Bei Leistungen von Pflegediensten und der Pflegebedürftigkeit wird genau hingeschaut.

Pflegedienste nimmt der Bezirk Mitte genau unter die Lupe. – Foto: Robert Kneschke - Fotolia

300 ambulante Pflegedienste gab es im Januar 2015 in Berlin. Davon sollen ein Viertel  Leistungen abrechnen, die ihnen gar nicht zustehen. 95 Prozent der Pflegedienste, gegen die bisher Anzeige erstattet wurde, seien privatrechtlich organisiert, arbeiteten also gewinnorientiert. Diese Zahlen nannte jetzt Stephan von Dassel, Sozialstadtrat im Bezirk Mitte.  

Seit 2011 geht die Bezirksverwaltung in der Stadtmitte systematisch Hinweisen auf Abrechnungsbetrug nach.  „Verdächtigen“ Pflegebedürftigen statten Bezirksmitarbeiter, die ausgebildete Pflegefachkräfte sind, unangemeldete Besuche ab. Nachbarn werden teilweise befragt oder auch Recherchen im Internet angestellt. Denn immer wieder kommt es vor, dass angeblich Pflegebedürftige mit dem Pflegedienst zusammenarbeiten, um unberechtigt Leistungen abrechnen bzw. kassieren zu können. Bühnenreife Schauspielstücke  bekommen da das Sozialamt und der Medizinische Dienst der Krankenkassen teilweise zu sehen.

Pfleger und Pflegebedürftige arbeiten Hand in Hand

Ins Visier des Bezirks sind inzwischen vor allem russische Pflegedienste geraten, die sich um Hilfebedürftige aus der ehemaligen Sowjetunion kümmern. Den Grund dafür, warum der Bezirk hier genau hinschaut, erklärt Sozialstadtrat von Dassel mit Erkenntnissen, die aus der Datenbank gewonnen wurden:  „Menschen mit russischem Pass oder Geburtsort in der ehemaligen Sowjetunion sind sieben Mal häufiger pflegebedürftig als Menschen ohne dieses Merkmal. Dabei sind diese Pflegebedürftigen knapp zehn Jahre jünger.“

Der Anteil der russischen Pflegedienste im Bezirk Mitte liegt bei 35 Prozent. Von den etwa 100 russischen Pflegeanbietern habe die Bezirksverwaltung gegen 80 Prozent „handfeste Belege für unseriöses Arbeiten“, sagt von Dassel.  Zu einer Verurteilung ist es seinen Angaben zufolge bislang aber noch nicht gekommen, die Beweislagen für einen Betrug seien zu schwierig.

Spielen auch Ärzte beim Betrug mit?

Auch Ärzte verdächtigt der Bezirk, an manchen Betrügereien beteiligt zu sein. „Oft sind Diagnosen und Atteste für unterschiedliche Pflegebedürftige identisch und werden bei einem Pflegedienst immer von demselben Arzt ausgestellt“, so von Dassel. Konkret angezeigt wurde jedoch noch kein Mediziner; auch hier ist eine Betrugsabsicht nur äußerst schwer nachzuweisen.

In diesem Jahr wird der Bezirk Mitte sein Personal um zwei zusätzliche Stellen aufstocken. Denn Aufspüren von Abrechnungsbetrügereien, so von Dassel, erfordere einen  „irren Aufwand“. Der Stadtrat fordert unter anderem eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft sowie ein polizeiliches Führungszeugnis für Pflegedienstbeschäftigte.

© Robert Kneschke - fotolia.de

Hauptkategorie: Berlin

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