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Alterungsprozess hängt offenbar mit sinkendem Cortisol-Spiegel zusammen

Sonntag, 19. Juli 2020 – Autor:
Cortisol hat als Stresshormon eher ein schlechtes Image. Doch es hat eine wichtige Funktion für unser Immunsystem und Entzünunggsprozesse. Und: Ein sinkender Cortisol-Spiegel dazu trägt offenbar, dazu bei dass wir altern, wie Forscher jetzt zeigen konnten.
Mit sinkendem Cortisol-Spiegel nehmen Entzündungen zu und unsere Zellen altern

Mit sinkendem Cortisol-Spiegel nehmen Entzündungen zu und unsere Zellen altern

Dass Menschen altern, beruht auf einem verhängnisvollen Zusammenspiel vieler Faktoren. Ein wichtiger Faktor ist dabei das Immunsystem, das im Alter immer weiter herunterfährt. Das mühsam aufgebaute Immunsystem gegen Krankheitserreger wird mit der Zeit immer schwächer. Chronische Entzündungen sind die Folge, wodurch etwa alterstypische Erkrankungen wie Atherosklerose oder Arthritis entstehen. Wissenschaftler sprechen von Inflamm-Aging – dem untrennbaren Zusammenhang zwischen Entzündung und Altern.

Eine Ursache für Alterung gefunden

Zwar ist der Zusammenhang schon lange bekannt, doch nicht seine Ursachen. Wissenschaftler der Universität des Saarlandes haben deshalb genauer hingeschaut und herausgefunden, dass einer der Gründe für das zunehmende Entzündungsgeschehen ein sinkender Cortisolspiegel ist.

„Der Entzündungsprozess beruht darauf, dass im Alter die Menge des vom Körper gebildeten Hormons Cortisol abnimmt“, erklärt Pharmazeutin Dr. Jessica Hoppstädter.

Das Stresshormon ist als biochemischer Botenstoff an vielen Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt und wichtig für unser Immunsystem. Kann der Körper nicht mehr genug Cortisol bilden, nehmen Entzündungen zu. Gebildet wird das Hormon hauptsächlich in der Nebenniere. Aber auch wichtige Immunzellen, die Makrophagen, stellen aktives Cortisol aus inaktivem Cortison her. „Das funktioniert mit zunehmendem Alter aber schlechter. Es kommt zu einem Macroph-Aging – also einem Altern der Makrophagen“, sagt Jessica Hoppstädter.

Makrophagen außer Kontrolle

Das Ausmaß der Entzündung wird laut der Wissenschaftlerin also durch alternde Makrophagen maßgeblich mitbestimmt. Folge ist, dass erhöhte Mengen von Entzündungs-Botenstoffen freigesetzt werden und Entzündungszellen ungehindert aktiver werden können.

Hinter den fehlgesteuerten Makrophagen wiederum steckt ein Protein namens Gilz (Glucocorticoid-induzierter Leuzin Zipper), wie Experimente zeigten. Gilz wird unter anderem von Cortisol reguliert und ist an einer Vielzahl wichtiger Abläufe im Körper maßgebend beteiligt. Im Immunsystem kommt dem Protein eine Schlüsselrolle zu. Es hilft etwa dabei, in Makrophagen die Entzündungsreaktion abzuschalten.

Entzündungen nehmen zu

Daher stellten die Forscher die Hypothese auf, dass der Verlust von Gilz dazu beiträgt, dass die Makrophagen im Alter Entzündungen auslösen. Ihre Daten zeigen: Nimmt der Cortisol-Spiegel ab, führt dies dazu, dass die Makrophagen weniger Gilz herstellen, wodurch Makrophagen ungebremst Entzündungs-Botenstoffe ausschütten. Tatsächlich waren die Gilz-Spiegel im Alter verringert. Um zu untersuchen, ob das schon reicht, um Entzündungen zu verursachen, schaltete die Forscherin das Protein Gilz genetisch aus. Das Ergebnis bestätigte den Verdacht: Die Makrophagen wurden aktiviert, die schwelenden Entzündungsprozesse nahmen zu.

„Einen Stein der Weisen haben wir zwar nicht gefunden“, meint Hoppstädter,, „aber wir haben Vorgänge im Immunsystem entlarvt, die mit dazu beitragen, dass wir altern.“

Foto: © Adobe Stock/blackday

Hauptkategorien: Demografischer Wandel , Medizin
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