Altersleukämie: Neues Medikament kann Blutwerte verbessern

Im Alter entwickeln viele Menschen eine Anämie, die eine Vorstufe zur Leukämie darstellen kann – Foto: ©Wolf - stock.adobe.com
Das myelodysplastische Syndrom (MDS) ist eine Erkrankung der blutbildenden Stammzellen im Knochenmark. Es kann in jedem Alter auftreten. Allerdings steigt das Risiko, ein MDS zu entwickeln, mit höherem Lebensalter an, weshalb es auch als „Altersleukämie“ bezeichnet wird.
Die Ursachen der Erkrankung sind multifaktoriell. „Wir wissen, dass ursächlich eine oder mehrere genetische Veränderungen in der Stammzelle des Knochenmarks vorliegen müssen, damit MDS entsteht. Parallel haben unsere Forschungsergebnisse auch gezeigt, dass die Knochenmarkumgebung und bestimmte Hormone, die sich negativ auf die Blutbildung auswirken können, ganz wesentlich zur Entwicklung der Erkrankung beitragen“, sagt Prof. Dr. Uwe Platzbecker, Professor für Hämatologie an der Universität Leipzig und Leiter des Bereichs Hämatologie und Zelltherapie am hiesigen Universitätsklinikum.
Medikament Luspatercept getestet
Bisher gestaltete sich die Behandlung der MDS eher schwierig. In der Regel werden die Patienten mit regelmäßigen Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten, also roten Blutkörperchen, behandelt. Auf die Dauer kann das jedoch die Symptome nicht entscheidend verbessern und auch zu Eisenüberladung und Organschädigungen führen.
Nun wurde das Medikament Luspatercept in einer weltweiten Phase-III-Studie auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen getestet. Wie die Studienautoren mitteilen, soll der Wirkstoff wie ein molekularer Staubsauger wirken, indem er bestimmte Hormone aus dem Knochenmark entfernt und so die Blutbildung ankurbelt.
Patienten benötigten seltener Bluttransfusionen
An der Studie nahmen 229 Patienten teil. 153 von ihnen bekamen 24 Wochen lang das Medikament Luspatercept, die anderen 76 ein Placebopräparat. Das Ergebnis: 38 Prozent der Teilnehmer mit Luspatercept benötigten mindestens acht Wochen lang keine Bluttransfusion, in der Placebo-Gruppe waren es nur 13 Prozent. 28 Prozent der Patienten, die das Medikament einnahmen, waren sogar mehr als 12 Wochen transfusionsfrei (unter Placebo acht Prozent).
„Luspatercept kann für viele Betroffene eine gut verträgliche und vor allem hocheffektive Therapie sein. Viele Teilnehmer der Untersuchung blieben zum Teil über mehrere Jahre transfusionsunabhängig. Wir haben damit eine neue Therapieoption für eine Patientengruppe entwickelt, für die es bislang außer Transfusionen keine Behandlungsoptionen gibt“, kommentiert Platzbecker die Resultate. Zudem zeichnet sich Luspatercept offenbar auch durch ein gutes Nebenwirkungsprofil aus: Die Studienteilnehmer berichteten nur etwas vermehrt über Müdigkeit, Durchfall, Übelkeit und Schwindelgefühle.
Weitere Studien geplant
Das neue Präparat wird als sogenannte Liganden-Falle bezeichnet. Das bedeutet, dass es Hormone anzieht und einfängt, die die Bildung der roten Blutkörperchen im Knochenmark unterdrücken. Sind diese Hormone eingefangen, kann die Blutbildung wieder wie gewohnt ablaufen. Für das Medikament wurde nun die Zulassung in den USA und in Europa beantragt. „Wir hoffen, dass es Ende 2020 in Deutschland auf den Markt kommt“, so Platzbecker. Weitere Folgestudien, in denen der Wirkstoff mit anderen Substanzen kombiniert wird, um die Ansprechraten zu erhöhen, sind bereits geplant.
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