"Wir steuern auf eine Gesellschaft des langen Lebens zu: mit viel mehr rüstigen, aktiven Älteren, aber auch mit mehr Kranken und Demenzkranken", erklärte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder dem Zukunftsforum Langes Leben. "Sie alle verdienen die Chance, die letzte Lebensphase möglichst selbstbestimmt und mit so viel Lebensfreude wie möglich zu verbringen."
Auf dem Zukunftsforum wurden zahlreiche Beispiele präsentiert, wie selbst hochbetagte, multimorbide Menschen in ihrer gewohnten Umgebung versorgt werden können. Dabei spielten so genannte Ambient Assisted Living Systeme (AAL) eine grosse Rolle. AAL sind kleine technische Helfer, die das Leben sicherer und bequemer machen. Sie reichen von Sensor-Systemen, die einen Sturz signalisieren oder das Licht einschalten, bis hin zu komplexen telemedizinischen Überwachungssystemen. Das Bundesministerium für Forschung und Bildung hat gerade in Zusammenarbeit mit Gesundheitsstadt Berlin das Projekt "1.000 Wohnungen - Leben mit innovativer Technik" gestartet. In dem mit 20 Mio. Euro geförderten Feldversuch werden 1.000 Wohnungen mit intelligenten Assistenzsystemen ausgerüstet, die Senioren dabei unterstützen, ihren Alltag zu Hause zu meistern.
Mit neuen Konzepten dem demografischen Wandel begegnen
Selbst Rehablitationsmassnahmen nach einer Hüft- oder Oberschenkelfarktur können alte Menschen Dank neuer Techniken zu Hause durchführen. Prof. Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen von der Forschungsgruppe Geriatrie an der Charité stellte dazu das "Feedback Mediated Othopedic Training (FORT)" vor. Das persönliche Trainingsprogramm hat Ihre Arbeitsgruppe gemeinsam mit Philips entwickelt und wird derzeit in einer Studie getestet. Im Test befindet sich auch ein Balance-Trainer, der den Menschen nach einer Fraktur nicht nur das Gleichgewicht, sondern auch das Selbstvertrauen wieder geben soll. "Das Ziel all unserer Massnahmen ist, dass alte Menschen so selbständig wie möglich zu Hause wohnen können, selbst wenn sie an den Rollstuhl gefesselt sind", erklärte Prof. Steinhagen-Thiessen. Vor der Technik hätten ihre Patienten keine Angst. "Die Technik-Akzeptanz bei unseren Patienten ist nicht nur gut, sondern sehr gut."
Technische Hilfsmittel können zwar die Probleme, die mit zunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen einhergehen, nicht alleine lösen. Doch sie können ein Stück Unabhängigkeit und Sicherheit in den Alltag bringen. Telemonitoringlösungen wie sie vom Medizintechnikunternehmen Biotronik für die 1,5 Millionen Menschen mit einen implantierten Herzschrittmacher oder Defibrillator angeboten werden, sind ein weiteres Beispiel. Alle krankheitsrelevanten Daten werden jetzt täglich übers Handynetz geschickt, so dass der Gesundheitszustand des Patienten rund um die Uhr überwacht wird.
Innovationen und flexiblere Strukturen
Das Zukunftsforum liess keinen Zweifel daran, dass es Ideen und technische Innovationen in Hülle und Fülle gibt. Doch vielfach mangelt es noch an der Umsetzung. Gerade an den Schnittstellen Wohnen, Pflege, Krankenversicherung bestehen noch erhebliche Hürden. "Hier müssen flexiblere Strukturen geschaffen werden, auch auf Gesetzesbasis", betonte Franz Knieps von der Wiese Consult GmbH. Sinnvoll sei etwa ein Innovationsfonds für Krankenkassen, aus dem zukunftsfähige Versorgungsleistungen bezahlt werden könnten.