alpha-Synuclein-bindende Antikörper gegen Parkinson scheitern in klinischen Studien

Zwei aktuelle Studien legen nahe, dass α-Synuclein nicht die Ursache von Parkinson ist – Foto: © Adobe Stock/ Satjawat
Zwei alpha-Synuclein-bindenden Antikörper enttäuschen in klinischen Studien: Sowohl der Antikörper Cinpanemab als auch Prasinezumab hatten bei Parkinson-Patienten im Frühstadium keine nennenswerten Effekte. Weder konnte ein Abbau der Eiweißablagerungen in der Bildgebung gezeigt werden, noch das Fortschreiten der Erkrankung verzögert werden. Die Ergebnisse der beiden randomisierten, placebokontrollierten Phase-2-Studien wurden letzte Woche im „The New England Journal of Medicine“/NEJM veröffentlicht.
Eine Studie vorzeitig abgebrochen
Die Studie mit Cinpanemab wurde mit 357 Patienten durchgeführt, die den Antikörper in zwei verschiedenen Dosierungen bekamen (1.250 mg oder 3.500 mg) oder ein Placebo. Da nach 72 Wochen keine Unterschiede festgestellt werden konnten, wurde die Studie vorzeitig abgebrochen.
Nicht besser schnitt die Behandlung mit dem α-Synuclein-bindenden Antikörpern Prasinezumab ab. Die Arznei wurde ebenfalls in zwei verschiedenen Dosierungen verabreicht und mit einem Scheinmedikament verglichen. Auch hier zeigten sich in den Therapiearmen keine Verbesserungen im klinischen Outcome und in der Bildgebung.
α-Synuclein-Ablagerungen wohl nicht die Ursache
Die beiden Antikörper wurden entwickelt in der Vermutung, dass α-Synuclein-Ablagerungen Ursache des degenerativen Prozesses seien. Denn die Parkinson-typischen Lewy-Körperchen, runde Einschlüsse im Zytoplasma von Nervenzellen, bestehen aus diesem speziellen Protein. Daher war die Hoffnung groß, mit α-Synuclein-bindenden Antikörpern eine ursächliche Therapie gegen die Parkinson-Krankheit in der Hand zu haben.
Doch möglicherweise ist α-Synuclein gar nicht die Ursache von Parkinson, sondern lediglich ein Biomarker, vermutet Prof. Lars Timmermann, weshalb „eine zielgerichtete Therapie gegen α-Synuclein ins Leere läuft“, so der stellv. Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. „Bei einer Ursache-Wirkungskette zwischen α-Synuclein und Parkinson-Progression hätten die Ergebnisse zumindest im Trend positiv ausfallen müssen.“
Es gibt verschiedene Parkinson-Subtypen
Ganz pessimistisch beurteilt Neurologe Timmermann die Lage dennoch nicht: „Derzeit wird auch an sogenannten „small molecules“ und RNA-basierten Therapieansätzen geforscht, um die vermeintlich pathogenen Proteinaggregationen zu unterbinden. Es bleibt abzuwarten, ob diese Substanzen möglicherweise mehr Wirkung zeigen.“
Timmermann betont, dass man zwar von „der“ Parkinson-Krankheit spricht, sich dahinter aber viele verschieden Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Verläufen verbergen. Ein Ziel müsse es daher sein, die Subtypen besser zu klassifizieren und Therapieoptionen an den einzelnen Erkrankungstypen zu testen. „Eine Studie zu einem für einen Tumortyp wirksamen Krebsmedikament würde wahrscheinlich auch negativ ausfallen, wenn Krebspatientinnen und -patienten mit verschiedenen Tumorerkrankungen eingeschlossen würden.“
In der Substantia nigra sterben Nervenzellen ab
Bei Morbus Parkinson gehen Nervenzellen in der Substantia nigra zu Grunde – eine dunkelgefärbte Hirnregion, in der Bewegung gesteuert wird. In der Folge kommt es zu einem Mangel des Botenstoffs Dopamin im Gehirn, der gebraucht wird, um Nervenreize weiterzuleiten. Befehle des Gehirns an die Muskeln kommen bei einem Dopaminmangel nur verzögert, unvollständig oder gar nicht an. So entstehen die für Parkinson typischen motorischen Symptome, die reduzierte Beweglichkeit, die steifen Muskeln und das Ruhezittern. Was genau dazu führt, dass Nervenzellen in der Substantia nigra absterben, ist bislang ungeklärt. Die Theorie, dass α-Synuclein-Ablagerungen den degenerativen Prozess verursachen, scheint nach diesen beiden Studien nur noch wenig plausibel.