Allianz gegen Antibiotikaresistenz und multiresistente Keime
Freitag, 3. Juli 2015
– Autor:
Cornelia Wanke
Wie können multiresistente Erreger wirksam bekämpft und Antibiotikaresistenzen verhindert werden? Antworten darauf wurden bei einer Veranstaltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gesucht.
Kampf den Keimen. In Deutschland ein großes Thema!
– Foto: Kzenon
Wenn zwei Ministerien den Schulterschluss wagen – und dann noch eine gemeinsame Veranstaltung im Bundestag inszenieren, dann muss das Thema wichtig sein. Sehr wichtig. Denn die Bundeskanzlerin hatte die zunehmende Bedrohung durch multiresistente Erreger und damit zusammenhängend auch die Antibiotikaresistenz als ein zentrales Thema des G-7-Gipfels auf Schloss Ellmau erkoren.
Antibiotikaresistenz ist nicht nur ein nationales Thema – auch beim G-7-Gipfel wurde es heiß diskutiert
Darüber hinaus hat die WHO eine Resolution zum Thema verfasst. „Keime machen nicht an den Grenzen der Länder Halt“, sagte denn auch Dr. Georg Nüßlein, Fraktionsvize der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Dieser hatte gemeinsam mit seiner Kollegin aus dem Landwirtschaftsausschuss, Gitta Connemann, die Veranstaltung am vergangenen Mittwoch ins Leben gerufen. „Zwischen 400.000 und 600.000 Menschen erkranken jährlich in Deutschland an Krankenhausinfektionen“, sagte Nüßlein in seiner Begrüßungsrede. „Etwa 1.500 sterben daran – im Vergleich dazu sterben an Verkehrsunfällen etwa 3.000 Menschen. Deshalb braucht es hier Aktionen“, so der Fraktionsvize. Dennoch wolle man nicht in Aktionismus verfallen. „Das Thema eignet sich nicht zur Skandalisierung“, warnte er. Schließlich sei nur ein Teil der Infektionen tatsächlich vermeidbar. Die Politik sollte nur da eingreifen wo Mängel bestehen. „Und ich sehe hier auch keinen Mangel an Vorgaben des Gesetzgebers, sondern das Problem, dass die bestehenden Regelungen nicht beachtet und umgesetzt werden.“ Darüber hinaus bedürfe das Thema „eines kompelxen und globalen Ansatzes“. In vielen Ländern sei die Infektionsrate deutlich höher als in Deutschland – und Keime würden aus anderen Ländern „verschleppt“.
Bundesgesundheitsminister Gröhe sieht noch Defizite in Aufklärung und Information
Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe erzählte, dass es auf dem G-7-Gipfel eine Art „Aha-Effekt“ gegeben hätte. Vielen Staaten sei die Dimension des Themas wohl gar nicht so bewusst gewesen. „Aber mit dem Interesse beginnt auch die Bewältigung“, so Gröhe. Noch erfahre das Thema noch nicht die öffentliche Aufmerksamkeit, die es brauche. Er ist aber sicher, dass sich das ändern wird. „Vielleicht nicht eruptiv wie bei einem Vulkanausbruch, aber nach und nach.“ Was der Bundesgesundheitsminister als problematisch ansieht, ist „der Rückgang der Forschung.“ Deshalb habe man innerhalb des Pharmadialoges eine eigene Arbeitsgruppe zu Antibiotika eingerichtet. „Wir brauchen hier kluge Anreize in den unterschiedlichsten Fragen“, so Gröhe. „Wir müssen hier wieder zu einer stärkeren Forschung in diesem Bereich kommen.“ Darüber hinaus wolle man sich auch nicht mit den Zahlen der Infektionen abfinden. Deshalb habe das Bundesgesundheitsministerium neben anderen Aktionen einen 10-Punkte-Plan für Krankenhaushygiene erarbeitet, so der Minister. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bezeichnete es als sehr großen Fortschritt, „dass wir aus den einzelnen Parzellen der Politik herausgetreten sind und eine gemeinsame Strategie entwickeln wollen.“ Und seit dem G-7-Gipfel sei man auch einen Schritt weiter gekommen, „die Thematik international zu platzieren“. Woran es immer noch mangele, seien Informationen und Kenntnisse der Verbraucher über die Zusammenhänge von Antibiotikaresistenz und MRSA.
Zahl der Infektionen wurde eingedämmt, Sorgen bereiten grammnegativen Keime
Immerhin habe sich in den vergangenen Jahren durch Aufklärungskampagnen in der Medizin schon einiges getan, konstatierte Prof. Dr. Lothar H. Wieler. Der Präsident des Robert Koch-Institutes – selbst Veterinärmediziner. So seien die Infektionszahlen bei MRSA stetig gesunken. „Was uns aber beschäftigt, ist, dass es bei den grammnegativen Erregern ganz anders aussieht.“ Da sei die Lage zwar „noch nicht dramatisch. Aber es ist doch eine sehr ernstzunehmende Entwicklung“, so Wieler. Wieler mahnte: „Wir müssen mehr Respekt vor dem Einsatz von Antibiotika haben!“ Damit war der Spielball auch schon bei Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery gelandet. Der Präsident der Bundesärztekammer stimmte Wieler zu und ergänzte: „Laut DAK-Report von 2014 sind fast 30 Prozent der Antibiotikaverordnungen mit Blick auf die Diagnose fragwürdig.“ Man liege zwar im internationalen Vergleich was den Antibiotikaverbrauch angehe, immer noch im unteren Drittel, müsse aber das Verordnungsverhalten in den Praxen dringend hinterfragen. Deswegen hätte die Bundesärztekammer schon einige Maßnahmen – zum Beispiel innerhalb der Aus-, Fort- und Weiterbildung initiiert.