Alleinlebende Pflegebedürftige sind in Krisensituationen häufig auf sich alleine gestellt
Die meisten Deutschen wollen in den eigenen vier Wänden altern und gepflegt werden. Das ist nichts Neues. Aber die Grenzen häuslicher Pflege werden immer dann deutlich, wenn verschiedene Risikofaktoren wie Pflegebedürftigkeit, soziale Isolation und geringes Einkommen zusammenkommen.
Davon sind alleinlebende Pflegebedürftige besonders betroffen, wie eine Studie im Auftrag der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) zeigt. Untersucht hat dies ein Forscherteam des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Zahl der alleinlebenden Pflegebedürftigen hat sich verdoppelt
„Da sich im letzten Jahrzehnt die Zahl der alleinlebenden Pflegebedürftigen verdoppelt hat, wird die Frage nach einer angemessenen Unterstützung dieser stark wachsenden Gruppe immer wichtiger“, erläutert Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP.
Insgesamt leben 44 Prozent der Pflegebedürftigen allein, 42 Prozent in einem Zweipersonenhaushalt und lediglich 14 Prozent in Haushalten mit mindestens drei Personen. Dabei gibt fast jeder fünfte alleinlebende Pflegebedürftige an, keine Vertrauensperson zu haben. Neben den emotionalen Konsequenzen dieser Einsamkeit, bedeutet dies auch, dass diese Personengruppe im Fall von gesundheitlichen Krisen oder bei Behördengängen niemanden hat, dem sie vertrauen und auf den sie sich wirklich verlassen kann.
Alleinlebende Pflegebedürftige sind finanziell stärker belastet
Zudem verdeutlicht die Studie, dass alleinlebende Pflegebedürftige bei der Inanspruchnahme von Pflegeleistungen finanziell stärker belastet sind. Mehr als die Hälfte muss monatlich durchschnittlich 400 Euro aufwenden, während größere Haushalte mit rund 230 Euro deutlich weniger Geld für die Pflege aufbringen müssen. Insgesamt verwendet etwa die Hälfte aller Pflegehaushalte in Deutschland durchschnittlich 20 Prozent des Nettohaushaltseinkommens, um die häusliche Pflege organisieren zu können. Überdies bestehen bei den meisten Haushalten kaum finanzielle Reserven.
Die Folge: Fast jeder fünfte Pflegebedürftige kann seinen Lebensstandard nicht aufrechterhalten und den Alltag nicht den eigenen Vorstellungen entsprechend gestalten. Das sorgt für Unzufriedenheit. Wenig verwunderlich ist denn auch ein weiteres Ergebnis der Studie: Pflegebedürftige aus den höheren Bildungs- und Einkommensgruppen haben eine aktivere Freizeit als sozio-ökonomisch schlechter gestellte Personen.
„Der Wunsch zuhause gepflegt zu werden, darf aber keine Frage des Geldes sein. Wir brauchen in diesem Bereich viel mehr Unterstützungsangebote, auch durch die Einbindung ehrenamtlicher Strukturen“, fordert Suhr.
60 % der Pflegebedürftigen ausschließlich im sozialen Umfeld gepflegt
Wie und von wem eine Person gepflegt wird, hängt in hohem Maße von der Familie, der Haushaltskonstellation und der Qualität des informellen Netzwerkes aus Freunden, Nachbarn und weiteren Bezugspersonen ab. Im Durchschnitt werden 60 Prozent der Pflegebedürftigen ausschließlich in ihrem sozialen Umfeld gepflegt, während 10 Prozent hingegen gänzlich von professionellen Diensten versorgt werden.
Die Inanspruchnahme pflegerischer Unterstützung variiert dabei zwischen den Haushaltsgrößen deutlich: Während von den Alleinlebenden 46 Prozent ausschließlich informell gepflegt werden, trifft dies bereits auf 73 Prozent der Zweipersonenhaushalte und 88 Prozent der Haushalte mit mindestens drei Personen zu. Umgekehrt kombinieren 54 Prozent der Alleinlebenden informelle mit formeller Hilfe, wie z. B. einem ambulanten Pflegedienst, bzw. verlassen sich vollständig auf die professionelle Pflege. Demgegenüber trifft dies nur auf 27 Prozent der Zweipersonenhaushalte und 12 Prozent der Mehrpersonenhaushalte zu.
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