Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

„Aggressionsgene“: Neue Erkenntnisse zum Einfluss auf unser Verhalten

Samstag, 5. März 2016 – Autor:
Seit Jahren versuchen Forscher zu enträtseln, warum manche Menschen in bestimmten Situationen aggressiv werden und andere nicht. Neben Umweltfaktoren hat man auch sogenannte „Aggressionsgene“ ausfindig gemacht. Welche Rolle diese spielen können, wurde nun in einer Studie gezeigt.
Welche Bedeutung haben Aggressionsgene?

Aggressionen sind auch eine Frage der genetischen Veranlagung – Foto: DDRockstar - Fotolia

Aggressionen sind komplexe Gebilde. Heute geht man davon aus, dass aggressives Verhalten durch das Zusammenwirken von Erbanlagen und Umweltbedingungen bestimmt wird. Die genetische Disposition kann also durchaus eine Rolle spielen. So hat man festgestellt, dass es einen Zusammenhang zwischen hohem Aggressionspotenzial und einer Variante des MAOA-Gens gibt. Besonders im Zusammenspiel mit Umweltfaktoren wie etwa frühkindlicher Traumatisierung kann sich das durch die Genveränderung verstärkte aggressive Verhalten äußern. Der Neuropsychologe Dr. Benjamin Clemens von der Sektion Neuropsychologie der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der RWTH Aachen konnte nun in einer Studie zeigen, welchen Einfluss das MAOA-Gen auf das Gehirn im Ruhemodus hat.

„Aggressionsgen“ erhöht Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten

Menschen, bei denen das auch als "Aggressionsgen" bezeichnete Monoaminooxidase-A (MAOA-) Gen weniger aktiv ist, haben früheren Untersuchungen zufolge eine höhere Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten. Das MAOA-Gen steuert die Aktivität eines Enzyms, welches wiederum Botenstoffe wie Serotonin und Noradrenalin abbaut, nachdem diese ihre Arbeit im Gehirn getan haben. Liegt die inaktiviere Variante des MAOA Gens vor, wird weniger Enzym produziert, was zu einem Überschuss dieser Stoffe im Gehirn führt. Dieser Überschuss beeinflusst die Aktivität verschiedener Hirnareale und kann so auch Aggressionen begünstigen.

Für seine Studie hat Clemens nun den Zusammenhang zwischen dem MAOA-Gen und aggressivem Verhalten genauer untersucht. Dafür hat er über 50 Studenten unter funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) beobachtet. Besonders interessiert war er an den Ruhe-Netzwerken, die das Gehirn steuern, wenn Menschen keinen äußeren Reizen oder Aufgaben ausgesetzt sind. Es zeigte sich, dass Probanden mit der inaktiveren MAOA-Genvariante auch im Ruhemodus eine geringere Aktivität in verschiedenen Arealen aufwiesen, die für kognitive Kontrolle, Aufmerksamkeit und Steuerungsfunktionen (Planen, Denken, Problemlösen) verantwortlich sind. „Das Gen entfaltet seine Wirkung auf das Gehirn also bereits ohne äußere Einwirkung. Wir konnten mit unserer Studie jetzt erstmalig nachweisen, dass auch der Ruhemodus des Gehirns durch das MAOA-Gen beeinflusst wird“, so Clemens.

Aggressionen haben viele Ursachen

Die Genvariante alleine mache aber nicht zwangsweise aggressiv, betont der Forscher. Das sei vor allem deshalb beruhigend, weil die MAOA-Variante bei zirka 40 Prozent aller westeuropäischen Menschen vorkomme. „Umweltfaktoren, wie etwa eine Traumatisierung, Frustration oder Provokation können aber mit dieser genetischen Veranlagung interagieren, und so die Wahrscheinlichkeit von aggressivem Verhalten stark erhöhen“, so der Experte.

Clemens hofft, dass seine Arbeit dazu beitragen kann, die Entstehung von Aggressionen besser zu verstehen. Eventuell können für Patienten mit pathologischer Aggression dadurch auch verbesserte Therapiekonzepte entwickelt werden. Für seine Studie wurde Clemens auf der 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) mit dem Niels-A.-Lassen-Preis ausgezeichnet.

Foto: © DDRockstar - Fotolia.com

Hauptkategorien: Prävention und Reha , Medizin

Weitere Nachrichten zum Thema Aggressionen

Depressionen äussern sich bei Männern und Frauen auf unterschiedliche Weise. Bis vor kurzem wurden die spezifischen Probleme von männlichen Depressions-Patienten von der Forschung kaum beachtet.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin