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Ärzte verteidigen Schweigepflicht

Donnerstag, 11. August 2016 – Autor:
Die Unions-Innenminister haben mit einem neuen Sicherheitspaket auf die Terrorgefahr in Deutschland reagiert. Darin ist auch eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht vorgesehen. Die Bundesärztekammer weist den Vorschlag zurück.
Wegen der wachsenden Terrorgefahr wollen die Unions-Innenminister die ärztliche Schweigepflicht lockern

Wegen der wachsenden Terrorgefahr wollen die Unions-Innenminister die ärztliche Schweigepflicht lockern – Foto: Smileus - Fotolia

Burka-Verbot, Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, mehr Polizei und Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht, das sind wesentliche Bestandteile des neuen Sicherheitspakts, das die Unions-Innenminister zur Terrorabwehr geschnürt haben. Kritik daran hagelte es bereits, noch bevor der Entwurf offiziell von Bundesinnenminister Lothar de Maiziere (CDU) am Donnerstag vorgestellt wurde.

Ärzten stoßen sich an der Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht. Der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery erklärte, die angespannte innenpolitische Sicherheitslage dürfe nicht zu vorschnellen politischen und rechtlichen Maßnahmen verleiten. „Das Patientengeheimnis dient dem Schutz der Privatsphäre der Patientinnen und Patienten und wird als Grundrecht durch die Verfassung geschützt“, sagte er. Nur eine weitgehend uneingeschränkte ärztliche Schweigepflicht schaffe die Voraussetzungen für das Vertrauensverhältnis Ärzten und Patienten.

Bruch der Schweigepflicht nebulös geregelt

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach bezeichnete die Vorschläge als gefährlich. Es sei schon heute geregelt, dass ein Arzt bei bevorstehenden Straftaten von der Schweigepflicht entbunden sei.

Theoretisch ist das auch so. Gemäß § 34 Strafgesetzbuch können Ärzte von der Schweigepflicht entbunden werden, um Straftaten zu verhindern. Allerdings lässt das Gesetz offen, wie konkret die Hinweise darauf sein müssen.

In der Praxis wird ein Patient seinem Arzt wohl kaum von seinen Anschlagsplänen berichten. Schöpft der Arzt dennoch einen Verdacht – kann er damit sowohl richtig als auch falsch liegen. Irrt er sich und geht zur Polizei, droht ihm sogar eine Freiheitsstrafe – wegen Verletzung der Schweigepflicht. Eine gefährliche Gratwanderung also für den Arzt.

Tödliches Schweigen

„Wann der Bruch der Schweigepflicht gerechtfertigt ist, kann nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden“, räumt auch Montgomery ein. Damit bestätigt er quasi, dass sich der Arzt weiter in einer rechtlichen Grauzone befindet – zwischen dem Grundrecht auf ärztliche Schweigepflicht und der Gefahrenabwehr zum Schutz von Dritten.

Wie tödlich das ärztliche Schweigen sein kann, haben zuerst der German Wings Absturz und dann die Attentate von München und Ansbach gezeigt. Alle drei Täter waren zuvor in psychiatrischer Behandlung.

Foto: © Smileus - Fotolia.com

Hauptkategorien: Berlin , Gesundheitspolitik
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