Ärzte reden häufig an Patienten vorbei

Patienten kommen beim Arzt kaum zu Wort. Der Deutsche Ärztetag hat das Problem zumindest erkannt
Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient lässt vielfach zu wünschen übrig. Das bestätigen mehrere Untersuchungen. Demnach werden die Patienten im Schnitt schon nach einer halben Minute vom Arzt unterbrochen, nur jeder Dritte fühlt sich ausreichend informiert. Selbstkritische Töne waren deshalb auch auf dem Deutschen Ärztetag vom 12. bis Mai in Frankfurt am Main zu hören.
„Das ärztliche Gespräch spielt eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen. Um dieser Rolle gerecht zu werden, braucht es einen Arzt, der medizinisch kompetent und empathisch mit zugewandter Kommunikation hilft“, sagte Rudolf Henke, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer und Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Zeitdruck sei keine Rechtfertigung für schlechte Kommunikation. „Im vermeintlichen Zeitdruck des ärztlichen Alltags darf eine wertschätzende und einfühlsame Grundhaltung des Arztes ebenso wenig verloren gehen wie die Bereitschaft, Patienten ihre Anliegen ohne Unterbrechung vortragen zu lassen“, so Henke. Andernfalls stünden der Therapieerfolg und das Vertrauensverhältnis zum Patienten auf dem Spiel.
Ärztliche Gesprächsführung soll Bestandteil des Medizinstudiums werden
Das Ärzteparlament hat sich deshalb dafür ausgesprochen, die Kommunikation mit Patienten stärker in die Aus- und Weiterbildung von Ärzten zu integrieren. Ärztliche Kommunikation müsse durch geeignete Übungssituationen trainiert werden können, heißt es in der Entschließung. Dafür müssten die in der Approbationsordnung für Ärzte festgelegte Kompetenzentwicklung in der ärztlichen Gesprächsführung konsequent ausgebaut werden. Ebenfalls im Visier des Ärztetags: Die Kommunikation der Ärzte untereinander. Hier hapert es oft an den Schnittstellen zwischen den Kollegen. Informationen über Patienten werden nicht oder nur unzureichend weitergegeben, was schlimmstenfalls zu Fehlbehandlungen führt.
Zuhören kostet Zeit und letztlich Geld
Der Ärztetag kritisierte aber auch die hohe Arbeitsbelastung, falsche ökonomische Anreize und Zwänge sowie unnötige Bürokratie. Dies erschwere mehr und mehr das Patienten-Arzt-Gespräch, kritisierten Vertreter des Deutschen Ärztetags. Gefordert wurde deshalb, die ärztliche Zuwendung auch angemessen zu honorieren.
Die Bundesärztekammer kündigte unterdessen ein Curriculum zur ärztlichen Gesprächsführung an. Das Fort- und Weiterbildungsangebot soll künftig von Ärzten aller Fachrichtungen genutzt werden können. Darin sollen Ärzte exemplarisch die Kommunikation mit schwer erkrankten Patienten und ihren Angehörigen trainieren. Das Programm ist noch in Entwicklung, aus Sicht des Ärzteparlaments aber ein Schritt in die richtige Richtung.
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