Die steigende Belastung und überbordende Verwaltungsaufgaben machen vielen Ärzten zu schaffen. Besonders betroffen sind davon Onkologen, da hier die Zahl der Patienten pro Facharzt immer größer wird. Zwar hat sich die Zahl der onkologisch qualifizierten Fachärzte zwischen 1996 und 2011 mehr als verdreifacht, dennoch muss jede Praxis pro Jahr im Durchschnitt sechs Prozent mehr Patienten betreuen. Schon jetzt arbeiten niedergelassene Onkologen rund 52,5 Stunden pro Woche. Wissenschaftler vom Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR) der Universität zu Köln haben nun untersucht, wie groß die Belastung für Onkologen und Hämatologen tatsächlich ist und welche Faktoren am stärksten zum Stress der Mediziner beitragen.
Zu viele Patienten pro Facharzt
Die Umfrage zeigt, dass niedergelassene Ärzte durch administrative Pflichten und Verwaltungsaufgaben den stärksten Stress empfinden, gefolgt von der großen Zahl der Patienten. Viele Befragte gaben an, bei ihrer Arbeit kaum Pausen zu machen, nicht einmal, wenn sie selbst erkrankt sind. Im Schnitt hatte jeder befragte Arzt pro Tag Kontakt zu fast 40 Patienten.
Die Studienautoren betonen, dass ein gutes Zeitmanagement nötig ist, um das Arbeitsaufkommen ohne Stress bewältigen zu können. Die Forscher um Diplomsoziologin Sophie Groß raten zu flexiblen Zeitplänen mit Pufferzonen für Notfälle. Dabei sollte das gesamte Praxisteam miteinbezogen werden. Wichtig seien auch Zeitfenster, um zwischendurch immer wieder die wichtigsten Unterlagen ohne Störung zu bearbeiten. Auch Supervisionen beziehungsweise Programme zum richtigen Umgang mit belastenden Situationen können helfen.
Obwohl sich so viele Ärzte durch die Arbeitsbelastung gestresst fühlen, zeigt die Umfrage auch, dass die meisten Mediziner Freude an ihrer Arbeit haben. 86 Prozent gaben an, ihre Berufswahl nicht zu bereuen, vor allem, weil sie viel Bestätigung durch Patienten und deren Angehörige erhalten. Gerade deshalb halten die Forscher ein gutes Zeitmanagement für wichtig, denn wer die Arbeit besser organisiert und weniger Stress empfindet, verliert die Freude am Job seltener.
Stressfaktor Lärm
Es gibt auch Stressfaktoren, die Ärzten gar nicht auffallen, weil sie sich mit der Zeit daran gewöhnt haben. So haben Forscher von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) herausgefunden, dass die Geräusche bei einer Operation, wie zum Beispiel durch medizinische Geräte oder Instrumente, die in metallene Schalen geworfen werden, bis zu 63 Dezibel erreichen können – ein Wert, den auch ein Rasenmäher mit Benzinmotor in zehn Metern Entfernung verursacht. Vereinzelt wurden sogar Höchstwerte von fast 100 Dezibel bei einer Operation gemessen. Diese Werte können den Stresspegel der Operateure erhöhen und damit Einfluss auf ihre Arbeitsfähigkeit nehmen.
Nun werden Programme für mehr Ruhe im Operationssaal entwickelt. Dazu gehören technische Maßnahmen, um die Lautstärke medizinischer Geräte zu minimieren, aber auch Verhaltensregeln wie das Ausschalten von Telefonen. Die Maßnahmen zeigten in Untersuchungen bereits erste Erfolge. So war in einer Studie die Komplikationsrate bei Operationen durch die Geräuschreduzierung um die Hälfte reduziert.
Foto: © Gina Sanders - Fotolia.com