ADHS fördert Unternehmergeist

Hohes Aktivitätslevel: Menschen mit ADHS besitzen oft hervorragende unternehmerische Eigenschaften – Foto: Elnur - Fotolia
Sie können sich schlecht konzentrieren, sind hyperaktiv und impulsiv: Menschen mit ADHS, der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung fehlt es an Selbstregulation. Doch nicht alles daran ist schlecht. Internationale Wirtschaftsforscher sehen sogar viel Gutes. Ihnen war aufgefallen, dass es immer wieder erfolgreiche Unternehmer mit ADHS gibt. „Einige Symptome der Störung ähneln den Verhaltensweisen, die man gemeinhin als unternehmerisch bezeichnet – und zwar im positiven Sinn“, sagt Prof. Holger Patzelt vom Lehrstuhl für Entrepreneurship der Technischen Universität München (TUM). Zu den unternehmerischen Eigenschaften gehören etwa eine höhere Risikobereitschaft, schnelle Entscheidungen, ein hohes Energielevel sowie der Drang, Neues auszuprobieren.
Aufblühen, wenn andere einknicken
Interviews mit 14 Unternehmern mit der Diagnose ADHS bestätigten Patzelts Verdacht: „Die Studie zeigt, dass wichtige ADHS-Symptome ihre Entscheidung, eine Firma zu gründen, und ihr unternehmerisches Handeln maßgeblich beeinflussten“, erläutert der Wirtschaftsforscher, der die Untersuchung gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Großbritannien durchgeführt hatte.
Dass Menschen mit ADHS schnell ungeduldig werden und sich langweilen, war laut Studie der Grund, sich selbstständig zu machen. So hatte eine befragte Unternehmerin innerhalb weniger Jahre 250 verschiedene Produkte auf den Markt gebracht. „In Situationen, die andere Menschen ins Schwitzen bringen, wie etwa schwierige Gespräche mit wichtigen Kunden, blühen viele Befragte auf“, weiß Patzelt zu berichten. Impulsivität habe eben auch Vorteile.
Überschießende Energie bringt Wettbewerbsvorteile
Auch der sogenannte Hyperfokus wirkt sich offenbar positiv auf das wirtschaftliche Handeln aus. Damit ist gemeint, dass sich Personen mit ADHS besonders leidenschaftlich für eine Aufgabe interessieren können und sogar äußerst konzentriert dabei sind. Ein Unternehmer berichtete, dass er oft völlig von der Arbeit absorbiert werde, wenn er neue Lösungen für seine Kunden suche. Das sei wie eine Art Rausch.
Ein anderer beschäftigt sich permanent mit den neuen Technologien seiner Branche und ist so zu einem gefragten Experten geworden. „Unternehmerinnen und Unternehmer können sich mit Leidenschaft, Beharrlichkeit und dem Fachwissen, das sie aufgrund dessen aufbauen, einen großen Wettbewerbsvorteil verschaffen“, sagt Patzelt.
Scheitern gehört dazu
Hemmend wirkt sich dagegen aus, dass sich manche von Dingen wie Buchhaltung überfordert fühlen. Und dass oft überschnell Entscheidungen getroffen werden, zum Beispiel wurde spontan beim Mittagessen eine Firma gekauft, hat schon zu vielen Fehlschlägen geführt. Ein Drittel der Befragten war darum mit ihrem Unternehmen gescheitert oder hatte wenig Erfolg. Dennoch findet Patzelt die Ergebnisse bemerkenswert und begreift sie als Anlass, bisherige Annahmen der Wirtschaftswissenschaften zu überdenken: Das Wirtschaftsleben richte sich stark an Rationalität und positiven Ergebnissen aus. „Menschen mit ADHS zeigen uns dagegen eine andere Logik, die vielleicht besser zu unternehmerischem Handeln passt.“
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