In den Amerika geht es zur Impfung ins Drive-in: Fenster runter, Oberarm frei, Spritze rein, Fenster hoch – fertig. Mehr als zwei Millionen Menschen werden dort derzeit geimpft – am Tag. Das entspricht der Gesamtzahl der bisher geimpften Deutschen – in den zweieinhalb Monaten seit Impfbeginn Ende Dezember. Der neue US-Präsident Biden hat das Ziel ausgegeben, dass in den ersten 100 Tagen seiner Präsidentschaft, also bis Ende April, 100 Millionen Amerikaner eine Impfung erhalten sollten. Von einem solchen Ziel ist Deutschland weit entfernt.
Mehrheit für unkompliziertes Impfangebot am Arbeitsplatz
Doch in der Wirtschaft wächst die Ungeduld – und offenbar auch bei Arbeitnehmern. Nach einer repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands wünscht sich eine große Mehrheit der Beschäftigten ein Impfangebot ihres Arbeitsgebers: 84 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland würden es gut oder sehr gut finden, wenn Unternehmen und andere Arbeitgeber ihren Mitarbeitern eine Corona-Impfung anbieten würden.
Betriebsärzte könnten 45 Millionen Beschäftigte impfen
„Für eine Beschleunigung der schleppend angelaufenen Impfkampagne müssen jetzt alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisiert werden", sagt Dirk Stenkamp, Präsident des TÜV-Verbands. „Die Wirtschaft steht in den Startlöchern. Deutschland verfügt mit seinen Betriebsärzten über ein weltweit einmaliges System, um möglichst viele Erwerbstätige innerhalb kurzer Zeit impfen zu können.“ Neben den routinemäßigen Grippeschutzimpfungen könnten Betriebsärzte in Kürze auch Corona-Impfungen vornehmen und den Schutz vor einer COVID-19-Infektion damit in die Fläche bringen. Nach Berechnungen des TÜV könnten die rund 12.500 Betriebsärzte in Deutschland theoretisch 45 Millionen Erwerbstätige erreichen.
Herdenimmunität in der Belegschaft senkt Ausfallrisiko
Durch eine Impfung am Arbeitsplatz könnte das Ausfallrisiko für Betriebsteile oder ganze Unternehmen so deutlich reduziert werden. Die Tätigkeit in unterschiedlichen Branchen ist unterschiedliche riskant. „Erreichen die Unternehmen eine Herdenimmunität innerhalb der Belegschaft, können sie das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz minimieren und zu ihren gewohnten Arbeitsabläufen zurückkehren", sagt TÜV-Präsident Stenkamp. Größere Arbeitgeber beschäftigen in der Regel eigene Mediziner und unterhalten eigene medizinische Einrichtungen. Kleine und mittelständische Unternehmen arbeiten dagegen mit Dienstleistern wie MEDITÜV oder AMD TÜV zusammen. Diese betreiben arbeitsmedizinische Zentren, sind aber auch in den Betrieben vor Ort tätig. Kleinere Impfteams, bestehend aus einem Arzt, zwei Medizinisch-Technischen Assistenzen und zwei Verwaltungskräften, könnten laut TÜV rund 100 bis 150 Impfungen pro Tag vornehmen.
Arbeitnehmer sehen vor allem praktische Vorteile
Die Arbeitnehmer verbinden mit einer Corona-Impfung am Arbeitsplatz vor allem praktische Vorteile: 86 Prozent sagen, die Impfung sei leicht in den Arbeitsalltag zu integrieren und 70 Prozent geben an, die Impfung sei bequem zu erreichen. 42 Prozent nennen als Grund, dann kaum Kontakt zu möglicherweise erkrankten Personen zu haben.