Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

61 Prozent fühlen sich Burn-out-gefährdet

Dienstag, 22. November 2022 – Autor:
Das Burn-out-Risiko unter deutschen Arbeitnehmern ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das zeigt eine repräsentative Studie der „pronova BKK“. Insgesamt sehen 61 Prozent eine Burn-out-Gefahr bei sich gegeben, 25 sogar eine „hohe“.
Schematische Darstellung für die Entstehung eines Burn-outs.

Immer mehr Deutsche halten sich für Burn-out-gefährdet. – Foto: AdobeStock/Marco2811

Schlafstörungen, innere Anspannung, ungesunde Vorgesetzte oder auch die Entgrenzung von Beruflichem und Privaten durch das Homeoffice: Immer mehr Deutsche erleben sich als potenziell ausgebrannt. Das zeigt eine repräsentative Bevölkerungsstudie der Betriebskrankenkasse „pronova BKK“. Insgesamt 61 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland diagnostizieren bei sich ein Risiko für einen Burn-out. 25 Prozent halten die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich dazu kommt, inzwischen für „hoch“. Im Jahr 2018 hatten das nur 14 Prozent der Befragten so gesehen.

Burn-out bei Arbeitnehmern: Typische Symptome

Die Studie mit dem Titel „Arbeiten 2022", für die im September 2022 rund 1.200 Arbeitnehmer ab 18 Jahren befragt wurden, zeigt: Viele Arbeitnehmer spüren im Erwerbsleben Symptome von Stress und Überlastung. Vor allem Frauen leiden unter diversen Beschwerden, die mit Burn-out assoziiert werden. Dies sind die am häufigsten in der Studie genannten Symptome:

  • 24 Prozent der Befragten leiden oft an Rückenschmerzen.
  • 23 Prozent sind häufig erschöpft und müde.
  • 23 Prozent beklagen eine innerliche Anspannung (2020: 18 Prozent).
  • 22 Prozent grübeln zu viel.
  • Auch Schlafstörungen und Lustlosigkeit haben im Vergleich zur Vorgängerstudie von 2020 zugenommen.

Gründe für Burn-out-Beschwerden verändern sich

Die Studienautoren registrieren, dass sich die Gründe für diese Beschwerden offenbar verändert haben: So begleiten beispielsweise Sorgen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg oder die Covid-19-Pandemie 22 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland auch in ihrem Beruf. Die Angst um den Job beschäftigt 17 Prozent aller Befragten und 19 Prozent der unter 30-Jährigen. Häufigste psychische Belastungen im Arbeitsalltag sind emotionaler Stress (26 Prozent), zu kurze Pausen (25 Prozent) und ein potenziell schädliches Verhalten von Vorgesetzten (24 Prozent).

Homeoffice macht es schwerer abzuschalten

„Die Anforderungen im Berufsleben sind komplexer geworden“, sagt Psychologin Patrizia Thamm, Referentin Gesundheitsförderung bei der pronova BKK. „Dazu kommen Schwierigkeiten, im Homeoffice vom beruflichen Alltag abzuschalten. Die Entgrenzung von Arbeit und Privatem kann das Burn-out-Risiko erhöhen, ebenso sorgt die Angst vor einem Jobverlust zusätzlich für mehr Leistungsdruck. Im schlimmsten Fall landet der oder die Beschäftigte in einer völligen Erschöpfung."

Frauen stehen im Job stärker unter Druck

Berufstätige Frauen erleben sich der Studie zufolge stärker von Stress-Symptomen betroffen als ihre männlichen Kollegen: 66 Prozent der Frauen, aber nur 56 Prozent der Männer leiden demnach unter Beschwerden, die durch private und berufliche Belastungen entstehen. 16 Prozent der Frauen (9 Prozent der Männer) klagen oft über mindestens sieben Beschwerden wie Rückenschmerzen, Müdigkeit, innere Anspannung, Reizbarkeit, Kopfschmerzen oder Selbstzweifel. Beispielsweise nehmen 27 Prozent der Arbeitnehmerinnen, aber nur 19 Prozent der männlichen Kollegen innere Anspannung bei sich wahr.

Warum bei Frauen die Burn-out-Gefahr größer ist

„Frauen fühlen sich oftmals in ihrer Rolle mehr für die Beziehungsarbeit verantwortlich, machen sich also um das Wohl von der Familie, dem Partner oder dem Team mehr Gedanken. Dieser Mental Load bleibt vielfach unsichtbar, kann aber einen weiteren zusätzlichen Stressfaktor ausmachen", erklärt Psychologin Thamm, die auch als Resilienz-Trainerin tätig ist. „Dazu kommt manchmal auch die hohe Erwartungshaltung vieler Frauen an sich selber. Sie glauben, den Vertrauensvorschuss, den oftmals Männer im Job genießen, ausgleichen und deshalb mehr Einsatz zeigen zu müssen. Das trägt unmittelbar zu mehr Stress bei."

Corona: Rückschritt in der Mann-Frau-Rollenverteilung

Auch im Privatleben hat die Corona-Pandemie bei vielen Frauen zu mehr Belastungen geführt. Denn bei jedem zweiten Haushalt mit Kind hat sich die Rollenverteilung durch Corona geändert. „Zumeist hin zur klassischen Verteilung, bei der die Frau mehr für Haushalt und Kinderbetreuung tut als der Mann“, heißt es in einer Mitteilung der pronova BKK. Trotzdem sagten 64 Prozent aller Befragten und auch aller Frauen, dass das Arbeiten im Homeoffice andererseits zu einer besseren Work-Life-Balance führe.

Wichtig im Homeoffice: Abgrenzung und feste Strukturen

„Manche Familien haben von mehr Zeit mit den Kindern und fehlenden Arbeitswegen profitiert. Die klassische Rollenverteilung war aber oft nur ein Arrangement in einer Ausnahmesituation, an die sich die Familien gewöhnt haben", sagt Psychologin Thamm, und rät: „Abgrenzung und feste Strukturen sind wichtig. Gerade in Familien muss klar sein, in welchen Zeiten gearbeitet wird und wann bewusste Pausen eingebaut werden. In der Mittagspause können Beschäftigte im Homeoffice einen kleinen Spaziergang machen, um sich auch räumlich von der Arbeitsumgebung zu lösen."

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Berufskrankheiten , Betriebliches Gesundheitsmanagement , Burnout , Arbeitsbelastung , Stress , Coronavirus

Weitere Nachrichten zum Thema „Burn-out-Syndrom“

Das Stresslevel in Deutschland steigt seit vielen Jahren. Die Corona-Pandemie hat das Stressempfinden der Deutschen zusätzlich verstärkt. Wird Stress zum Dauerzustand, kann ein Burnout die Folge sein. Diese fünf Signale des Körpers können einen bevorstehenden Burnout ankündigen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin