500.000 Pflegekräfte gesucht
Eine alarmierende Studie über einen drohenden Pflegenotstand hat die Bertelsmann Stiftung am 19. November vorgelegt. Wenn sich keine drastische Kehrtwende vollzieht, werden bis 2030 rund 500.000 Pflegekräfte fehlen, so die düstere Prognose der Bertelsmann-Wissenschaftler. "In vielen Landkreisen wird es zu erheblichen Versorgungsproblemen kommen, wenn heute nichts geschieht", sagt Heinz Rothgang vom Bremer Zentrum für Sozialpolitik, einer der Autoren des Pflegereports 2030. In der Studie sind Daten für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt in Deutschland ausgewiesen. Damit sollen sich insbesondere Bürgermeister und Kommunalpolitiker ein Bild machen können, was auf sie und ihre Nachfolger zukommt.
Pflegereport 2030: Die regionalen Unterschiede sind erheblich
Hauptursache für diese Entwicklung ist die kräftig wachsende Zahl von Pflegebedürftigen. Den Berechnungen zufolge steigt diese Zahl bundesweit von heute 2,3 Millionen auf 3,4 Millionen. Bis 2050 soll sich die Zahl der Pflegebedürftigen sogar auf 4,5 Millionen erhöhen. Besonders stark sind die Wachstumsraten in den Neuen Ländern, weil hier überdurchschnittlich viele ältere Menschen leben. Die Modellrechnung weist für den Stadtstaat Bremen zum Beispiel ein Wachstum der Zahl der Pflegebedürftigen von 28 Prozent aus. Die Wachstumsrate für Mecklenburg-Vorpommern ist mit 56 Prozent annähernd doppelt so hoch und für Brandenburg mit 72 Prozent sogar mehr als 2,5-mal so hoch.
„Der drohende Pflegenotstand ist längst bekannt; die Reaktionen reichen jedoch von schlichter Panikmache bis hin zur Vogel-Strauß-Haltung“, sagte Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, bei der Vorstellung des Pflegereports in Berlin. „Wir wollen weder das eine noch das andere, sondern mit dem Pflegereport Bevölkerung und Politik auf die vor uns liegende Wegstrecke für eine nachhaltige und sozial gerechte Bewältigung der künftigen Pflegebedarfe vorbereiten.“
Künftig werden immer mehr Menschen in Heimen betreut
Die prognostizierte Versorgungslücke ist überraschend hoch. Das Statistische Bundesamt rechnet hingegen bis 2030 nur mit 110 000 fehlenden Vollzeitstellen. Die Wissenschaftler der Bertelsmann Stiftung hatten allerdings nicht nur die steigende Zahl älterer Menschen berücksichtigt, sondern auch die Tatsache dass aufgrund sinkender Geburtenraten das Angebot an Fachkräften zurückgeht. Die Wissenschaftler gehen zudem davon aus, dass künftig immer mehr Menschen in Heimen betreut werden, weil die Zahl der Menschen ohne Partner und Kinder steigt.
Brigitte Mohn appellierte an die Entscheidungsträger auf Bundes-, Landes- und auf kommunaler Ebene den Kopf angesichts der düsteren Prognose nicht in den Sand zu stecken, sondern die Zeit bis 2030 zu nutzen, um dem Pflegenotstand in der eigenen Region zu begegnen.
Aktuell fehlen in Deutschland rund 34.000 Pflege-Vollzeitkräfte in Altenheimen, ambulanten Pflegediensten und Krankenhäusern.
© Alexander Raths - Fotolia.com