28 Millionen Operationen könnten wegen Corona-Pandemie verschoben werden

Viele Krankenhausbetten in Deutschland standen in den letzten Monaten leer
Infolge der Coronavirus-Pandemie könnten weltweit etwa 28 Millionen geplante Operationen verschoben oder abgesagt werden. Das ist das Ergebnis einer globalen Datenanalyse von Wissenschaftlern des National Institute for Health Research der Universität Birmingham. Die Ergebnisse wurden im „British Journal of Surgery“ veröffentlicht.
Für ihre Schätzung werteten die Wissenschaftler Informationen von 359 Krankenhäusern in 71 Ländern aus. Die Werte rechneten sie anschließend für 190 Länder hoch. Zugrunde gelegt wurde ein Zeitraum von 12 Wochen. Jede weitere Woche könnte den Berechnungen zufolge zu etwa 2,4 weiteren verschobenen medizinischen Eingriffen führen.
Vor allem orthopädische Eingriffe betroffen
Betroffen vom pandemiebedingten Aufschub sind offenbar vor allem orthopädische Eingriffe wie das Einsetzen künstlicher Knie- und Hüftgelenke. Doch die Forscher gehen auch davon aus, dass es weltweit gut zwei Millionen verschobene oder abgesagte Krebsoperationen geben könnte.
„Der Zustand von Patienten kann sich verschlechtern und ihre Lebensqualität einschränken, während sie auf eine verschobene Operation warten. In manchen Fällen, zum Beispiel bei Krebs, können verschobene Operationen zu einer Reihe von vermeidbaren Todesfällen führen“, so Aneel Bhangu, einer der beteiligten Forscher.
Zahlen in Deutschland nicht so hoch wie angenommen
In die Modellierungsstudie gingen auch die Daten einer Umfrage aus 34 deutschen Kliniken ein. Für Deutschland ergibt sich daraus eine Zahl von 908.759 aufgeschobenen Operationen. Die allermeisten davon sind nicht dringend notwendig. Dennoch sind auch 24 Prozent der etwa 52.000 Krebsoperationen betroffen.
Die Zahlen sind nach Ansicht der Forscher substanziell, doch sind sie nicht so hoch, wie die erst kürzlich von der Rheinischen Fachhochschule Köln angegebene Anzahl. Sie gingen von 1,6 Millionen aufgeschobenen Operationen zwischen Mitte März und Anfang Mai aus.
Erhebliche Wartezeiten befürchtet
Experten betonen, dass nicht jede aufgeschobene Operation mit einer Verschlechterung der Prognose verbunden sein muss, selbst bei Krebs nicht. Zudem bietet bei einigen Tumoren beispielsweise eine Strahlentherapie eine alternative Behandlungsmöglichkeit.
Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass in Deutschland keine lebensnotwendige Operation aufgeschoben werden muss. Einschränkungen für die Patienten bedeuten die Verschiebungen dennoch: Nach Einschätzung der Wissenschaftler können bereits drei Monate Ausnahmezustand erhebliche Wartezeiten in der Zukunft zur Folge haben. Diese könnten bis zu einem Jahr andauern.
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