Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

220.000 vermeidbare Todesfälle in deutschen Krankenhäusern

Sonntag, 12. September 2021 – Autor:
Die Krankenhaussterblichkeit in Deutschland ist offenbar deutlich höher als in anderen westlichen Industrienationen. Darauf weist die „Sepsis-Stiftung“ anlässlich des Welt-Sepsis-Tages am 13. September hin. Rund 220.000 Todesfälle jährlich könnten vermieden werden können, davon alleine 75.000 infolge einer „Blutvergiftung“. Ursache für das Problem seien Qualitätsmängel im deutschen Gesundheitssystem.
Krankenhaus - gestorbener Patienten, davor die Hand eines Arztes mit Stethoskop.

Mängel im deutschen Gesundheitssystem führen jedes Jahr zu mehr als 200.000 vermeidbaren Todesfällen in Krankenhäusern, warnt die Berliner Sepsis-Stiftung. – Foto: AdobeStock/sudok1

Qualität: nur europäisches Mittelfeld. Behandlungskosten pro Kopf: Spitzenposition. Sterblichkeit von Patienten im Krankenhaus: auch Spitzenposition. Dieses kritische Bild zeichnet eine Analyse des deutschen Gesundheitssystem durch die in Berlin ansässige „Sepsis Stiftung“. Rund 220.000 Todesfälle in Krankenhäusern wären demnach jedes Jahr vermeidbar, davon 75.000 infolge einer Sepsis („Blutvergiftung“). Als wesentliche Ursache wird das Fehlen von verbindlichen Qualitätsstandards und einer externen Qualitätssicherung ausgemacht.

Sterblichkeit im Krankenhaus teils doppelt so hoch wie in anderen europäischen Ländern

„Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit Krankenhaussterblichkeitsraten, die teilweise doppelt so hoch sind wie in anderen westlichen Industrienationen, weit zurück“, heißt es in einem Positionspapier der Sepsis-Stiftung. Deutschland nehme mit einer Krankenhaussterblichkeit von acht Prozent innerhalb Europas eine Spitzenposition ein. In fünf europäischen Ländern liegt diese nur bei vier Prozent oder sogar noch niedriger. „Dabei gibt es ein bemerkenswertes Ungleichgewicht: Denn während Deutschland, gemessen an der Zahl der vermeidbaren Todesfälle (220.000 pro Jahr), hinsichtlich der Qualität seines Gesundheitswesens auf EU-Ebene nur einen Platz im Mittelfeld einnimmt, liegt es bei den Pro-Kopf-Behandlungskosten auf Platz Eins.“

Sterblichkeit bei Sepsis und Herzinfarkt im Krankenhaus könnte halbiert werden

 „Die Ursachen für Versorgungsmängel sind folglich in einem Struktur- beziehungsweise Steuerungsproblem und einer de facto fehlenden externen Qualitätssicherung zu suchen“, erklärt Konrad Reinhart, Vorstandvorsitzender der Sepsis-Stiftung und Senior Professor an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Beispiele aus anderen Ländern zeigten, dass verbindliche Qualitätsstandards, die Optimierung der Versorgungsstrukturen und die Verbesserung der Gesundheitskompetenz geeignet seien, die Sterblichkeit bei Sepsis und Herzinfarkt zu halbieren und die Effektivität des Gesundheitssystems insgesamt zu steigern.

Virale Sepsis Haupttodesursache bei Covid-19

Die Sepsis-Stiftung sieht sich in ihrer Lagebeurteilung von der Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigt. Die WHO hatte ihre Mitgliedsstaaten bereits 2017 dazu aufgefordert, der Bekämpfung von Sepsis eine hohe Priorität einzuräumen und entsprechende nationale Maßnahmenkataloge aufzusetzen. Die UN-Organisation hält die Mehrzahl der Sepsis-Todesfälle durch bessere Vorbeugung, Früherkennung, Diagnose und Therapie für vermeidbar. „Da mittlerweile bekannt ist, dass eine virale Sepsis die Haupttodesursache bei Covid-19 ist, hat diese Forderung in den vergangenen eineinhalb Jahren noch an Brisanz gewonnen“, so die Einschätzung der Stiftung aus Berlin.

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Gesundheitssystem , Hygiene , Krankenhäuser , Qualität , Weltgesundheitsorganisation

Weitere Nachrichten zum Thema „Qualitätsmängel in der Gesundheitsversorgung“

05.03.2021

Ältere Menschen haben oft mehrere Krankheiten und nehmen deshalb fünf und mehr Medikamente gleichzeitig ein. Oft hat aber keiner den Überblick, ob diese Mittel sich auch vertragen. Die Folge: Bis zu 30 Prozent der Krankenhauseinweisungen bei Senioren sind auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückzuführen. Darauf weist die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hin.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin