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Zusatznutzen von Biomarker-Tests bei Brustkrebs unklar

Dienstag, 6. Dezember 2016 – Autor: Angela Mißlbeck
Biomarker-Tests bei Brustkrebs halten nach derzeitigem Wissensstand nicht was sie versprechen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) bei seiner Analyse von Studien zu den Tests.
Biomarker bei Brustkrebs begründen keinen Chemotherapieverzicht

Brustkrebs: Nutzen von Biomarkern unklar – Foto: Tom-Hanisch - Fotolia

Biomarker sind bereits seit 2004 auf dem Markt. Sie sollen Patientinnen und Ärzten bei der Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie nach Brustkrebs unterstützen. Bisher müssen Patientinnen diese Gentests oft selbst bezahlen. Denn sie gehören nicht zum Regelleistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Ob sie bald regulär von den Krankenkassen erstattet werden, muss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entscheiden.

Doch die Datenlage ist dünn, meint das IQWIG. Die Nutzenbewerter lassen nur eine von acht derzeit vorliegenden Studien gelten. Sechs Studien halten sie aufgrund von fehlenden Patientendaten für nicht repräsentativ, eine weitere konnte die Frage nicht beantworten.

Verzicht auf Chemotherapie nach Gentest nicht empfohlen

Vor allem für Patientinnen, bei denen unklar ist, ob der Krebs wieder auftritt (Rezidiv) oder Metastasen bildet, sollten die zusätzlichen Biomarker mehr Sicherheit bringen. Die verbleibende Studie, die die IQWIG-Wissenschaftler nun ausgewertet haben, untersuchte ob Frauen von einer Chemotherapie profitieren, bei denen der klinische Test ein hohes Risiko, der genetische jedoch ein niedriges Risiko für Rezidive und Metastasen anzeigte. In diese sogenannte Mindact-Studie waren 7000 Frauen über einen Zeitraum von fünf Jahren eingeschlossen. Aussagekräftiger wäre nach Angaben des IQWIG ein Nachbeobachtungs-Zeitraum von zehn Jahren.

Auf der Grundlage der Mindact-Studie kommt das Bewertungs-Institut zu dem Ergebnis: „Gegenwärtig kann man einer Frau mit klinisch hohem und genetisch niedrigem Risiko nicht guten Gewissens von einer Chemotherapie abraten.“ Wenn 1000 Frauen aufgrund eines niedrigen Biomarker-Testergebnisses auf eine Chemotherapie verzichten, sei demnach mit etwa 32 zusätzlichen Rezidiven und elf zusätzlichen Todesfällen zu rechnen. Es könnte aber auch bis zu 61 zusätzliche Rezidive und 26 zusätzliche Todesfälle sein, warnte das Institut. Der tatsächliche Mehrwert der Biomarker-Tests für die Betroffenen könne erst beurteilt werden, wenn weitere Ergebnisse der laufenden Studien vorliegen.

Entscheidung über Erstattungsfähigkeit von Biomarker-Tests steht aus

Bereits für 2017 ist eine weitere Studie zu Biomarker-Tests bei Brustkrebs angekündigt. Noch mehr Studien werden 2020/2021 erwartet. Mit Blick darauf wäre es möglich, dass der G-BA, der nun auf der Grundlage der Bewertung des IQWIG über die Aufnahme der Tests in den GKV-Katalog entscheiden muss, seine Entscheidung aussetzt und das Institut zu weiteren Analysen 2017 beauftragt. Ebenfalls möglich ist aber, dass der G-BA nur für den speziellen Biomarker eine Entscheidung trifft, der in der vom IQWIG analysierten Studie untersucht wurde.

Foto: Tom-Hanisch - Fotolia

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
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