Zentrum für Qualität in der Pflege macht sich für gute Pflegeberatung stark
Donnerstag, 23. April 2015
– Autor:
Cornelia Wanke
Die meisten Deutschen sind über Hilfe- und Unterstützungsangebote im Pflegebereich schlecht informiert. Zugleich wird die Bedeutung von Informationen zum Thema Pflege als sehr hoch eingeschätzt. Auf diese Problematik wiesen Experten bei der Veranstaltung „Pflege kontrovers“ des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) in Berlin hin.
Gute Pflege fängt mit guter Pflegeberatung an!
– Foto: (c) Agnes Sadlowska
„Die richtige Information ist von zentraler Bedeutung, dass Pflege gut funktionieren kann“, sagte Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung bei der Veranstaltung „Pflege kontrovers“. Verbraucher brauchten verlässliche und nicht vereinfachte Informationen, meinte er und mahnte damit vor einer „Trivialisierung der Pflegebeurteilung“. Für den Vorstandsvorsitzenden des ZQP sind fünf Faktoren zentral: Man wisse zu wenig, wie eine gute Information gestaltet sein muss – hieran müsse man arbeiten. Darüber hinaus müsse die Pflegeberatung selbst gestärkt werden: „Angebote, die es bereits gibt, müssen bekannter gemacht werden“, so Suhr. Ganz dringlich sei es, eine Qualitätssicherung der Pflegeberatung einzuführen. Früher als bisher müsse die Beratungskompetenz der Pflegeberater geschult werden. Ein weiterer Faktor sei es, festzustellen, was Pflegeberatung überhaupt ist: „Wenn es draufsteht, muss es auch drin sein“, fordert das ZQP.
Tausende von Beratungsstellen machen es schwer, sich durch den Informationsdschungel zu kämpfen
In einem aktuellen Projekt habe man alleine 3.500 nicht kommerzielle Dienste identifiziert, die Beratung im Bereich Pflege anbieten. Dr. Suhr: „Das sind dann 3.500 Konzepte, die auch noch mit Menschen unterschiedlichster Qualifikation zusammen arbeiten.“ Und nicht zuletzt dürfe Pflegeberatung auch kein „beliebiger Randaspekt“ sein, sondern „ein zentrales Thema für eine Versorgung in Würde.“ Ab kommendem Monat wird das ZQP nach eigenen Angaben als ersten Schritt eine Pflegeberatungsdatenbank zur Verfügung stellen. Darüber hinaus soll ein Pflegeberatungsinventar erarbeitet werden, das die professionellen Pflegeberater bei ihrer Arbeit unterstützen soll.
Pflegeexpertin Prof. Meyer fordert einen Gatekeeper auch für die Pflege
Warum die Pflegeberatung immer noch ein Stiefkind ist, darüber diskutierten die Pflegeexperten bei der Veranstaltung tatsächlich kontrovers: „Problem ist auch, dass man sich als Betroffener ja nicht präventiv schlau macht, sondern erst dann, wenn der Notfall eintritt“, sagte Nadine-Michèle Szepan, Abteilungsleiterin Pflege beim AOK-Bundesverband. Prof. Gabriele Meyer, Direktorin des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Uni Halle, ergänzte, dass es zwar eine Vielzahl von Informationen zum Thema Pflege gibt. „Es gibt aber keine Stelle, die alle diese Informationen gebündelt zur Verfügung stellt.“ Darüber hinaus, so das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, fehle ein Gatekeeper: „Eigentlich müsste man vor jeden Rathaus ein Pflegeberatungsmobil aufstellen.“
Frank Schumann von der Fachstelle für pflegende Angehörige betonte, dass man als Betroffener immer auch abhängig sei vom jeweiligen Pflegeberater: „Selbst, wenn das Selbe draufsteht, ist nicht immer das Gleiche drin.“ Auch Erwin Rüddel, Pflegepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gab zu: „Beratung wurde bisher immer zu stiefmütterlich behandelt. Das ist eine der größten Herausforderungen nach dem Thema Pflegebedürftigkeitsbegriff!“
Dem stimmte auch Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu: „Pflegeberatung und der Pflegebedürftigkeitsbegriff sind der Dreh- und Angelpunkt. Es ist eine Schande, dass nach so vielen Jahren, die die Politik an dem Thema gearbeitet hat, die Menschen immer noch nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen.“
Das Thema, da waren sich die Diskutanten einig, werde sicherlich noch viele Diskussionen benötigen. „Das ZQP wird hier nicht nur Forderungen stellen, sondern mit Taten voranschreiten“, versprach Gastgeber Dr. Ralf Suhr.
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