Wissenschaftler entwickeln umweltfreundliche Antibiotika
Der Gedanke ist ziemlich unappetitlich: In unseren Flüssen, Bächen und Seen finden sich Rückstände von Medikamenten, auch von Antibiotika. Denn Kläranlagen können die vom Menschen wieder ausgeschiedenen, nur schwer abbaubaren Arzneistoffe nicht zurückhalten. Besonders schwer abbaubar ist das Antibiotikum „Ciprofloxacin“, das aufgrund seines breiten Wirkspektrums besonders häufig verschrieben wird. Der Wirkstoff aus der Gruppe der Fluorchinolone lässt sich im Abwasser von Krankenhäusern und Kläranlagen und in Oberflächengewässern sowie in Gülle und güllebehandelten Böden nachweisen.
Schwer abbaubares Antibiotikum aus der Gruppe der Fluorchinolone soll modifiziert werden
„Es ist dringend notwendig, den Eintrag von pharmazeutischen Wirkstoffen in die Umwelt zu stoppen“, sagt Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). „Sie können die Umwelt schädigen und langfristig ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen.“ Aus seiner Sicht reicht eine verbesserte Abwasserreinigung alleine nicht aus. Deshalb unterstützt die DBU fachlich und finanziell mit über 460.000 Euro die Leuphana Universität Lüneburg, die ein umweltverträgliches, leichter abbaubares Antibiotikum entwickeln will. Im Mittelpunkt des Projekts steht das Antibiotikum Ciprofloxacin.
Wissenschaftler um Professor Klaus Kümmerer vom Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie wollen nun die Struktur von Ciprofloxacin mithilfe computergestützter Berechnungen so verändern, dass es bei gleicher Wirksamkeit im menschlichen und tierischen Körper besser abbaubar ist und gar nicht mehr in die Umwelt gelangen kann. „Auf der Basis von Voruntersuchungen zur Abbaubarkeit wollen wir zunächst die bestehende Wirksubstanz analysieren und sie mithilfe von Computermodellen vielfach verändern“, erklärt Kümmerer. „Die dann entstandenen Varianten wollen wir in theoretischen Rechenmodellen auf eine verbesserte biologische Abbaubarkeit und geringere toxikologische Effekte prüfen.“ Anschließend wollen die Wissenschaftler die aussichtsreichsten „Kandidaten“ im Labor chemisch-synthetisch herstellen und im Reagenzglas mit Blick auf antibiotische Wirksamkeit gegenüber resistenten Keimen, biologische Abbaubarkeit und mögliche Nebenwirkungen für Mensch und Umwelt testen.
Beitrag gegen Antibiotikaresistenzen
„Das Projekt kann dazu beitragen, den Konflikt zwischen Wirksamkeit von Arzneistoffen einerseits und Natur- und Umweltschutz andererseits zu entschärfen“, sagt Bottermann. Und es leiste einen Beitrag gegen die Zunahme von Antibiotikaresistenzen. Denn Antibiotikarückstände in der Umwelt seien mit verantwortlich dafür, dass immer mehr Bakterien resistent gegen gängige Antibiotika werden.
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