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Wirkung von Globuli weiter umstritten

Mittwoch, 1. Juni 2016 – Autor:
Auf dem Deutschen Homöopathie-Kongress in Bremen wurden vermeintliche Beweise für die Wirksamkeit von Globuli präsentiert. Doch Kritiker halten die Homöopathie für eine Scheinmedizin. Eine Petition fordert den Deutschen Bundestag sogar auf, die Kostenerstattung von homöopathischen Behandlungsmethoden zu untersagen.
Während die einen die Homöopathie für eine Scheinmedizin halten, schwören andere auf Globuli & Co.

Während die einen die Homöopathie für eine Scheinmedizin halten, schwören andere auf Globuli & Co. – Foto: Benjamin Gtte - Fotolia

Der Streit um die Wirksamkeit der Homöopathie ist so alt, wie die Methode selbst. Ein Hauptvorwurf lautet, dass es keine fundierten wissenschaftlichen Studien gibt, die die Wirksamkeit von homöopathischen Behandlungsmethoden einschließlich Globuli belegen. Die wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom) sieht das freilich anders. Letzte Woche hat WissHom auf dem Deutschen Homöopathie-Kongress in Bremen einen 60-seitigen Forschungsreader vorgelegt. Danach gibt es sehr wohl klinische Forschungsdaten, die den therapeutischen Nutzen der homöopathischen Behandlung zeigen. „Die Ergebnisse zahlreicher placebo-kontrollierter Studien sowie Experimente aus der Grundlagenforschung sprechen darüber hinaus für eine spezifische Wirkung potenzierter Arzneimittel“, erläuterte die WissHom-Vorsitzende Dr. Michaela Geiger den aktuellen Forschungsstand zu den homöopathischen Kügelchen. Die therapeutische Wirkung von Globuli sei keinesfalls ein Placebo-Effekt, sondern häufig vergleichbar mit konventionellen Therapien, ergänzte die ärztliche Homöopathin, jedoch werde von weniger Nebenwirkungen berichtet.

Gesundheitswissenschaftler Schmacke kritisiert Homöopathie und Globuli 

Einer, der da ganz anderer Meinung ist, ist der Bremer Gesundheitswissenschaftler Professor Norbert Schmacke. Mit seinem Buch “Der Glaube an die Globuli – Die Verheißungen der Homöopathie” hat er sich in der homöopathischen Community nicht viele Freunde gemacht. Schmacke kritisiert in seinem Buch vor allem Ärzte, die den Patienten Globuli verschreiben. Neben einem Kern von ‘Überzeugten’ gebe es einige, die Globuli bewusst als Placebo einsetzten, nämlich dann, wenn sie nicht weiter wüssten, es den Patienten aber nicht sagten. „Es gibt überhaupt keine fundierten wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit von Globuli belegen“, so Schmacke. Globuli seien nicht besser als Placebos.

Unredlich findet der Gesundheitswissenschaftler vom Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen auch die Haltung der Krankenkassen. Etwa zwei Drittel aller Kassen übernehmen heute Kosten von bis zu 150 Euro pro Jahr für homöopathische Mittel als freiwillige Satzungsleistung. Schmacke sieht darin einen Köder, Versicherte an die Kassen zu binden. “Hier geht es um reines Marketing”, sagt Schmacke.

Petition 58168: Homöopathie entspricht den gesetzlichen Anforderungen nicht

Mit dieser Kritik ist der Buchautor nicht allein. Am 26. März haben Homöopathie-Kritiker eine Petition gestartet. Darin heißt es, der Deutschen Bundestag möge beschließen, dass homöopathische Behandlungsmethoden nicht mehr als Satzungsleistung von gesetzlichen Krankenkassen gezahlt werden dürfen. Begründet wird die Forderung mit dem bekannten Argument, dass es keinen Wirkungsnachweis für homöopathische Behandlungen gebe. „Im Gegenteil“, heißt es im Petitionstext: „Über 150 methodisch akkurate klinische Studien der letzten 15 Jahre haben gezeigt, dass homöopathische Mittel Scheinmedikamente sind. Die behauptete Wirkweise steht mit der heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnis in krassem Widerspruch.“

Außerdem sehen die Petitoren die Übernahme der Kosten für homöopathische Behandlungen  im Widerspruch zum Sozialgesetzbuch 5. In §2 Absatz 1 der Allgemeinen Vorschriften seht, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Auch das Wirtschaftlichkeitsgebot, nach dem die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen, sehen die Petitoren ausgehebelt. „Diesen gesetzlichen Anforderungen an ein Arzneimittel entspricht die Homöopathie nachweislich nicht“, so das Fazit der Petition, die mittlerweile mehr als 1.300 Menschen unterzeichnet haben.

Umfragen zeigen jedoch, dass homöopathische Mittel in der Bevölkerung sehr beliebt sind. Jeder zweite hat demnach Vertrauen in die Homöopathie

Foto: © Benjamin Götte - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
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