Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
 

Weihrauch statt Cortison

Dienstag, 3. Februar 2015 – Autor:
Weihrauch war als entzündungshemmendes Heilmittel lange Zeit in Vergessenheit geraten. Doch inzwischen greifen auch Schulmediziner auf Weihrauchpräparate zurück. In der Hirntumortherapie wird das pflanzliche Mittel zum Reduzieren von Cortison eingesetzt.
Weihrauch statt Cortison

Der Stoff, von dem auch Hirntumorpatienten profitieren: Im Harz des Weihrauchbaums stecken entzündungshemmende Substanzen

Weihrauch gehört seit der Antike zu vielen religiösen Ritualen. Doch das Harz aus dem Weihrauchbaum kann noch mehr als Dampf und Rauch: Es enthält entzündungshemmende Substanzen. In der ayurvedischen Medizin wird das Mittel schon seit Jahrtausenden genutzt, um die verschiedensten Beschwerden zu lindern. Auch schulmedizinisch gilt der entzündungshemmende Effekt von den im Weihrauchharz enthaltenen Boswelliasäuren mittlerweile als erwiesen. Prof. Oliver Werz vom Pharmakologischen Institut der der Universität Jena konnte vor wenigen Jahren erstmals zeigen, wie die Boswelliasäuren in das Entzündungsgeschehen überhaupt eingreifen. Demnach hemmen sie ein bestimmtes Enzym, das im Entzündungsprozess und bei der Entstehung von Fieber und Schmerzen eine entscheidende Rolle spielt. „Dies macht Weihrauch als Arzneimittel unter anderem für die Therapie von Krankheiten wie Asthma, Rheumatoider Arthritis oder Neurodermitis hochinteressant“, so Werz.

Entzündungshemmende Wirkung von Weihrauchextrakt gilt schulmedizinisch als erwiesen

Der Nutzen von Weihrauchextrakten wurde zuvor schon in zahlreichen klinischen Studien untersucht, vor allem in der Rheumatologie, Gastroenterologie, Pulmologie und Neurologie. In der Hoffnung eine Alternative zum nebenwirkungsreichen Cortison zu finden, hatten etwa Freiburger Wissenschaftler in einer Studie mit 44 Hirntumorpatienten zeigen können, dass 4.200 Milligramm Weihrauchextrakt pro Tag das Ausmaß der Hirnödeme nach einer Strahlentherapie signifikant verringert. Außerdem sprachen die so behandelten Patienten besser auf die Strahlentherapie an als die Placebogruppe. Als Weihrauchpräparat wurde den Patienten das in Deutschland als Nahrungsergänzungsmittel verkaufte H15 verabreicht.  

 

Hirntumorexperten empfehlen Weihrauch ergänzend zur Chemotherapie

Am Hirntumorzentrum der Charité hat das Weihrauchpräparat schon seit längerem einen festen Platz. Nach Auskunft von Neurochirurg Dr. Martin Misch erspart das pflanzliche Mittel den Patienten viele Dosen Cortison und die damit verbundenen Nebenwirkungen wie Wassereinlagerungen oder Bluthochdruck. „Wir empfehlen unseren Patienten Weihrauchpräparate als Ergänzung zur Chemotherapie“, sagt Misch, „vor allem weil sie cortisonsparend sind.“ Weiterhin gebe es in Zellkulturen nachweislich eine antitumorale Wirkung. Der Wermutstropfen des ansonsten gut wirksamen (Lebens-)mittels: Die Patienten müssen bis zu 16 Kapseln täglich schlucken und die Kosten von ungefähr 100 Euro pro Monat selber tragen. Außerdem berichten viele Patienten von einem eigentümlichen Geschmack.

In Deutschland ist Weihrauchextrakt derzeit nur als Nahrungsergänzungsmittel zu haben. Pharmakologe Werz zufolge hat es trotz einiger vielversprechender Studien bislang nicht für eine Zulassung zum Arzneimittel gereicht.

Foto: © marilyn barbone - Fotolia.com

Hauptkategorien: Berlin , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Hirntumor , Glioblastom , Arzneimittel , Nahrungsergänzungsmittel
 

Weitere Nachrichten zum Thema Hirntumor

22.05.2020

Das Harz des Weihrauchs wirkt entzündungshemmend - das ist bekannt. Doch über das genaue Wirkprinzip weiß man noch wenig. Zudem ist Weihrauch noch nicht als Medikament zugelassen. Forscher konnten nun einen wichtigen molekularen Mechanismus entschlüsseln.

 

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
 
Weitere Nachrichten

Die elektronische Patientenakte (ePA) soll bis Ende 2024 kommen - für alle. Die Daten werden pseudonymisiert ausgewertet. Das ist Teil eines von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Gesetzes. Die Ärzteschaft fordert Konkretisierungen im Detail.

Die Zahl der Krankenhaus-Fälle ist 2022 im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent gesunken - noch stärker als 2020 (minus 13 Prozent) und 2021 (minus 14 Prozent). Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
 
Interviews
Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.

Aducanumab ist das erste in den USA zugelassene Medikament, das die Alzheimer typischen Amyloid-Plaques zum Verschwinden bringt. Aber kann der neue monoklonale Antikörper mit dem Handelsnamen Aduhelm auch den Gedächtnisverlust stoppen? Und warum ist die Notfallzulassung in den USA durch die US-Food and Drug Administration (FDA) so umstritten? Darüber hat Gesundheitsstadt Berlin mit dem Neurologen und Alzheimer-Experten Prof. Johannes Levin vom LMU Klinikum München gesprochen.
Logo Gesundheitsstadt Berlin