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Vor der Pension: Viele Ärzte kriegen Praxen nicht los

Montag, 12. November 2018 – Autor:
56 Prozent der niedergelassenen Ärzte in Deutschland befürchten Probleme bei der Suche nach einem Nachfolger für die eigene Praxis. Nur ein Viertel ist sich sicher, die Praxis zum Ruhestand erfolgreich verkaufen zu können. Brisant daran: Für jeden zweiten selbstständigen Arzt ist ein Verkaufserlös elementarer Teil der Altersvorsorge.
Hausarzt am Schreibtisch in der Praxis

Die Mehrheit der niedergelassenen Ärzte in Deutschland befürchtet, am Ende der Berufstätigkeit keinen Nachfolger für die eigenen Praxis zu finden. – Foto: ©JackF - stock.adobe.com

Schon jetzt ist es ein Problem: Rein statistisch gibt es in Deutschland zwar genügend Ärzte. Das widerspricht aber den Erfahrungen, die viele Patienten machen, wenn sie einen Haus- oder Facharzt suchen – und erst recht, wenn sie schnell einen Termin brauchen. Warum? Weil schon jetzt die Ärzte ungleich im Land verteilt sind – bei tendenzieller Unterversorgung auf dem Land und Überversorgung in den Städten. Doch selbst innerhalb der Städte gibt es gravierende Schieflagen. Berlin etwa gilt nach der aktuellen offiziellen Bedarfsplanung im Bereich der Hausärzte als überversorgt – etwas, wovon Flächenländer wie Mecklenburg-Vorpommern oder Niedersachsen nur träumen können. Trotz dieser offiziellen Überversorgung erleben aber auch viele Hauptstadt-Patienten die Lage als Ärztemangel. Laut einer Studie des Berliner IGES-Instituts ist die ärztliche Versorgung in den wohlhabenden Bezirken im Südwesten der Stadt außerordentlich gut – weniger gut oder schlecht dagegen in vielen Gegenden im Südosten oder Osten: in Neukölln, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick oder Lichtenberg.

Jeder fünfte Praxisarzt: Aussicht auf  Nachfolger "hoffnungslos"

Weil nicht so gut versorgte Gebiete einen weiteren Schwund viel schlechter verkraften können, werden Patienten dort sehr bald die zu erwartende weitere Verschlechterung besonders zu spüren bekommen: Denn eine ganze Generation von niedergelassenen Ärzten geht in den vor uns liegenden Jahren in den Ruhestand. Das müsste kein Problem sein - hätten nicht viele niedergelassene Ärzte im Pensionsalter ernsthafte Probleme damit, Nachfolger zu finden, die ihre Praxis kaufen und übernehmen wollen.

56 Prozent der Haus- und Fachärzte in Deutschland rechnen für die eigene Praxis mit einer „schwierigen Nachfolgesuche“, ergab eine jetzt veröffentlichte Studie des Ärzte-Nachrichtendienstes „ÄND“. Ein Fünftel schätzt die Chancen, einen Nachfolger zu finden, sogar als „hoffnungslos“ ein. Die Nachfolgefrage ist dabei auch eine existenzielle Frage: Fast die Hälfte (44 Prozent) der befragten Ärzte, die zum Ende ihrer Arbeitszeit einen Verkauf der eigenen Praxis planen, haben dabei einen möglichen Verkaufserlös als festen Bestandteil ihrer Altersvorsorge eingeplant. Nur knapp ein Viertel der Befragten blickt zuversichtlich in die Zukunft und sagt: Ein Praxisverkauf „wird kein Problem werden.“

Die Alternative: Praxis an MVZ-Ketten verkaufen

Angesichts der befürchteten Probleme bei der Nachfolgesuche ziehen inzwischen Dreiviertel der Befragten auch einen Verkauf ihrer Praxis an eine Kette Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) in Betracht: 24 Prozent würden dies uneingeschränkt tun, 53 Prozent unter der Bedingung, dass der Preis attraktiv ist. Nur 23 Prozent der Befragten schließen einen Verkauf an eine MVZ-Kette kategorisch aus. Medizinische Versorgungszentren sind als Unternehmen organisierte Großpraxen, in denen Haus- oder Fachärzte im Status von Arbeitnehmern arbeiten. Damit MVZs überhaupt an einem Ort eröffnen können, müssen sie zuvor dort Arztpraxen aufkaufen – oft auch bei Ärzten, die sich im Anschluss bei ihnen anstellen lassen. MVZs sind nicht zu verwechseln mit Gemeinschaftspraxen, in denen sich selbstständige niedergelassene Ärzte aus Gründen der Wirtschaftlichkeit oder leichterer Vertretung bei Urlaub oder Krankheit Räume, Verwaltung und Personal teilen.

An der Umfrage des ÄND nahmen auch Ärzte teil, die ihre Praxis bereits abgegeben haben. Sie berichteten von allerhand Problemen – vor allem auf dem Land. 59 Prozent von ihnen suchten länger als ein Jahr nach einem Nachfolger oder mussten die Suche erfolglos abbrechen. Bei lediglich 57 Prozent der Ärzte, die ihre Praxis bereits verkauft haben, entsprach der Verkaufserlös den eigenen Erwartungen.

Die Online-Umfrage des ÄND wurde zwischen dem 29. Oktober und 4. November durchgeführt. Daran beteiligt haben sich 1.209 niedergelassene Haus- und Fachärzte aus dem gesamten Bundesgebiet.

Foto: Fotolia.com/JackF

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik

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