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Verständnis für psychische Erkrankungen scheint zu wachsen

Montag, 10. Juni 2013 – Autor: Anne Volkmann
Allmählich scheinen Antistigma-Programme ihre Wirkung zu zeigen. Das stellte Professor Wolfgang Gaebel von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit am vergangenen Mittwoch in Berlin fest.

Etwa vier Millionen Deutsche leiden an einer Depression.

Zwar gebe es bisher erst wenige Studien, welche die Wirksamkeit von Antistigma-Kampagnen bezüglich psychischer Erkrankungen belegen, doch verschiedene Erhebungen weisen darauf hin, dass sich das Verständnis der Bevölkerung gegenüber Menschen mit psychischen Störungen in den letzten Jahren vergrößert hat. Das erklärte Professor Wolfgang Gaebel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Düsseldorf, beim diesjährigen Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit in Berlin.

So haben beispielsweise Umfragen in Regionen, in denen Antistigma-Programme durchgeführt worden waren, ergeben, dass die abwertenden Urteile gegenüber psychisch erkrankten Menschen abgenommen haben und dass die Allgemeinbevölkerung weniger Distanz gegenüber betroffenen Menschen zeigt. Auch Medienberichte über Prominente mit psychischen Erkrankungen haben wahrscheinlich zu dieser Entwicklung beigetragen und eine aufklärende Wirkung gehabt.

Psychisch Erkrankte gehen heute häufiger zum Arzt

Das größere Verständnis gegenüber seelischen Störungen sei vermutlich auch der Grund für die zunehmende Inanspruchnahme medizinischer Versorgungsangebote durch psychisch kranke Menschen, so Gaebel. Auffällig sei, dass immer mehr Menschen mit psychischen Problemen ärztliche oder therapeutische Hilfe in Anspruch nähmen, obwohl die Prävalenz psychischer Erkrankungen in der Bevölkerung nicht gestiegen sei. Eine genaue Erklärung gebe es dafür zwar nicht, doch es sei wahrscheinlich, dass dies an einer gestiegenen Offenheit gegenüber psychischen Störungen liege.

Gaebel betonte, dass dennoch nach wie vor vieles in der psychiatrischen Versorgung verbessert werden müsse. Vor allem mahnte er zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sektoren. Auch eine bessere Qualifizierung der Hausärzte, die häufig die erste Anlaufstelle für Menschen mit seelischen Störungen darstellen, sei wichtig, um die Versorgung der betroffenen Patienten zu verbessern. Nachgewiesen sei zudem, dass eine Integrierte Versorgung, wie sie von einigen Krankenkassen schon angeboten werde, die Quote der Wiederaufnahme in Kliniken senke.

Bedeutung von RPK-Maßnahmen

Von großer Bedeutung sei auch die Rehabilitation psychisch kranker Menschen (RPK) in entsprechenden Einrichtungen, wie Michael Bräuning-Edelmann von der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation psychisch kranker Menschen e.V. betonte. Allerdings gebe es bisher viel zu wenig solcher Angebote. Deutschlandweit stünden nur 1.500 Betten in RPK-Einrichtungen zur Verfügung, in Berlin bisher noch gar keine. Diese Situation müsse verbessert werden.

Seit einiger Zeit ist der dramatische Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen ein häufiges Thema in den Medien. Obwohl die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer seelischen Störung zu erkranken, seit Jahren etwa gleichbleibend bei 40 Prozent liegt, nehmen Fehltage aufgrund solcher Erkrankungen kontinuierlich zu. Ebenfalls angestiegen sind die Komorbidität von Menschen mit psychischen Störungen sowie die Suizidrate. Jährlich sterben in Deutschland über 10.000 Menschen durch Suizid.

Foto: cultura2, Fotolia.com

Hauptkategorien: Berlin , Medizin

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