Tag der Pflegenden – Diakonie schnürt Rettungspakte für die Altenpflege
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat am Tag der Pflegenden mit Beginn der Frühschicht den Arbeitsalltag von Altenpflegefachkräften begleitet und im Anschluss eine Unterrichtsstunde in der Lazarus Altenpflegeschule in Berlin besucht. "Gut ausgebildetes und motiviertes Personal ist für eine gute Pflege unerlässlich", sagte die Bundesministerin. "Ich bin beeindruckt von dem, was die Pflegefachkräfte tagtäglich leisten und es freut mich zu sehen, mit welcher Begeisterung und welchem Engagement die Schülerinnen und Schüler der Altenpflege ihren Beruf erlernen." Schwesig will mehr Achtung und Wertschätzung für den Pflegeberuf. Weiter benötige die Pflege älterer Menschen bessere Rahmenbedingungen.
10.000 Unterschriften gegen die generalistische Ausbildung
Später am Tag wurden ihrem Berliner Ministerium über 10.000 Unterschriften des Bündnisses für Altenpflege überreicht – um den Altenpflegeberuf zu erhalten. Das Bündnis spricht sich vor allem gegen den Wunsch von Schwesig, der Länder und des Deutschen Pflegerates aus, die Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zu einer generalistisch ausgerichteten Pflegeausbildung mit Spezialisierungsmöglichkeiten zusammenzuführen.
Ein paar hundert Meter weiter hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Besuch von Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier erhalten. Dieser hat dem Minister das erste Rettungspaket mit den Forderungen von Mitarbeitenden der Diakonie, von pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen für eine bessere Altenpflege übergeben.
Diakonie übereicht Rettungspakete für eine bessere Altenpflege
Solche Rettungspakete der Diakonie wird der Bundesgesundheitsminister in den nächsten Tagen viele bekommen. Denn die Diakonie hat zum Tag der Pflegenden zu einem bundesweiten Aktionstag Altenpflege aufgerufen. Kernforderungen sind dabei bessere Rahmenbedingungen für eine würdevolle Pflege, eine gerechte Finanzierung, eine Entlastung der pflegenden Angehörigen und eine attraktivere Ausbildung.
Der Wohlfahrtsverband will damit eine öffentliche und politische Diskussion über die Pflege anstoßen; denn die Situation in der Altenpflege ist nach wie vor kritisch, betont Stockmeier: Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steige. Fachkräfte für die Pflege werden dringend gesucht. Pflegende Angehörige fühlen sich nicht ausreichend unterstützt. Die Arbeit der Pflegekräfte wird zu wenig wertgeschätzt und die Pflege ist chronisch unterfinanziert.
Vom Haus der Pflege mit der Sackkarre nach Berlin
Für die Diakonie Niedersachsen hat es die Politik versäumt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Stattdessen habe sie den Pflegesektor unter großen finanziellen Druck gesetzt. Das müsse sich ändern.
In Stuttgart hat die Diakonie Württemberg daher ein „Haus der Pflege“ aus „Rettungspaketen“ gebaut. Mit Luftballons sollen die Forderungen der Diakonie in die Luft steigen. Zur zentralen bayerischen Veranstaltung in Nürnberg erwartete die Diakonie Bayern 2.000 Pflegekräfte und Angehörige. Die dort gepackten Rettungspakete sollen mit der Sackkarre auf den Weg nach Berlin gebracht werden. Ganze Mauern aus lila „Rettungspaketen“ soll es in Nordrhein-Westfalen geben.
Anspruch auf mehr Leistungen: Ohne Personal nicht erbringbar
Schwer verständlich wäre es, wenn die Pflegebedürftigen mit der aktuell diskutierten Pflegereform zwar Anspruch auf mehr Leistungen hätten, diese aber nicht abrufen könnten, weil es nicht ausreichend Pflegepersonal gibt, merkt der Pflegeexperte Erwin Rüddel von der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion an. Rüddel will „schnellstmöglich einen Entwurf für ein neues Pflegeberufegesetz“ erarbeitet sehen. Verantwortlich hierfür ist das Bundesfamilienministerium.
Über die Parteigrenzen hinweg: Mehr Anerkennung, bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne
Darüber hinaus will die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion „mehr gesellschaftliche Anerkennung und gute Arbeitsbedingungen als Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Pflege – verbunden mit „einer besseren Vergütung der Pflegeberufe“. Bei der Thüringer Sozialministerin Heike Taubert findet dies Zustimmung. Neben höheren Löhnen, seien ein attraktives Image des Berufsstandes und bessere Arbeitsbedingung notwendig. „Hier müssen noch größere Anstrengungen unternommen werden“, so Taubert.
Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, will blumiges Gerede vermeiden und stattdessen Klartext. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe „muss konkret darlegen, wie und wann er die zumeist inakzeptablen Arbeitsbedingungen von Pflegekräften verbessern und den zunehmenden Personalmangel angehen will“, fordert Scharfenberg.
Tag der Pflegenden
Dank zum Tag der Pflegenden sagt der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja: „Ich möchte mich bei all denen bedanken, die in der Pflege jeden Tag eine wichtige und wertvolle Arbeit leisten“. „Die Pflegeberufe müssen noch attraktiver werden“ betont konkret Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Sie will eine einheitliche Pflegeausbildung, um den Herausforderungen eines großen Bedarfs an qualifizierten Pflegekräften gerecht zu werden. Unterstützung erhält sie dabei vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. Das könne die Attraktivität des Pflegeberufs erhöhen, sagt dieser.
Für Niedersachsens Gesundheitsministerin Cornelia Rundt stehen den „Pflegekräften tarifgerechte Löhne und mehr gesellschaftliche Anerkennung zu". Sie will eine Steigerung der Pflegesätze in Niedersachsen und eine Reduzierung der Arbeitsverdichtung in der Pflege. „Denn ein Herumgehetze von einem Pflegebedürftigen zum nächsten ist für die Pflegebedürftigen ebenso eine Zumutung wie für die Pflegekräfte." Rundt warnt davor, Pflegeheime in erster Linie als gute Geldanlage zu sehen.
Altenpflegeberuf erfährt zunehmende Beliebtheit: Korb Zitronen für die Pflegeministerin
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) hat am Tag der Pflegenden alle Inhalte seiner Homepage für 24 Stunden in den Hintergrund gerückt. „Wir wollen die Pflegenden symbolisch in den Mittelpunkt stellen“, heißt es seitens des Verbandes. Gleichzeitig freut man sich, dass der Beruf des Altenpflegers/der Altenpflegerin zunehmende Beliebtheit erfahre.
Einen Korb Zitrone hat die Bayerische Pflegeministerin Melanie Huml vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Südost, Bayern-Mitteldeutschland e. V. erhalten – als symbolische Mahnung, weil man die problematischen Arbeitsbedingungen nicht mehr länger akzeptieren will. Gefordert wird ein „kräftiger Vitaminstoß“ und Unterstützung von der Politik. Wie wichtig die professionelle Pflege für das deutsche Gesundheitswesen sei, zeige sich jetzt in Zeiten des Mangels immer deutlicher, so der DBfK.
Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerates, fordert, „die hervorragende Arbeit der Pflegenden an jedem einzelnen Tag im Jahr“ anzuerkennen. Er will die Politik daran messen, ob sie ihre Versprechen nach "besseren Rahmenbedingungen, Investitionen in Strukturen der Ausbildung und höheren Löhnen für die Pflegenden" auch tatsächlich einhalten. Dieses Ziel hat auch der Bundesverband Pflegemanagement. Er appelliert an die Politik, „all den schönen Worten endlich Taten folgen zu lassen“.
Eine Anerkennungskultur für die Leistungen der Pflegeeinrichtungen für 365 Tage im Jahr fordert auch der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e. V. (VDAB). „Die Basis für notwendige Weiterentwicklungen in der Pflege ist Anerkennung und Vertrauen“, so der Verband.
Foto: SPD