Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Sorgloser Umgang mit HIV: „Wir machen’s ohne”

Dienstag, 26. Januar 2016 – Autor:
Eine Facebook-Aktion sorgt für Aufregung: Auf der Seite „Wir machen’s ohne – Safer Sex durch HIV-Therapie“ erteilen HIV-Positive dem Kondom eine Absage. Viele halten das für verantwortungslos.
Die Facebook-Aktion „Wir machen’s ohne“ von elf HIV-Aktivisten weckt Empörung

Die Facebook-Aktion „Wir machen’s ohne“ von elf HIV-Aktivisten weckt vielerorts Empörung

Das Kondom gilt als Synonym für Safer Sex und wird von Gesundheitsbehörden als bester Schutz gegen eine HIV-Ansteckung propagiert. Doch seit November erklären elf Menschen mit HIV auf einer Facebook-Seite: „Wir machen’s ohne - Safer Sex durch HIV-Therapie". Damit machen die HIV-Positiven öffentlich, dass sie auf Kondome verzichten. Angeblich ohne Übertragungsrisiko. Hintergrund ist, dass die neuen HIV-Medikamente die Vermehrung von HIV im Körper unterbinden. Wenn dauerhaft im Blut keine Viren mehr nachweisbar sind, ist eine Übertragung so gut wie ausgeschlossen. Das legen Studien wie HPTN 052 oder die Partner-study nahe. Der Schutz funktioniert allerdings nur, wenn die Medikamente zuverlässig eingenommen werden und regelmäßig Blutuntersuchungen erfolgen. Ein Restrisiko kann jedoch niemand ausschließen.

Schutz durch HIV Therapie gilt als wissenschaftlich belegt

„Die zentrale Botschaft der Aktion ist die Erkenntnis, dass HIV-positive Menschen unter erfolgreicher, langfristiger Therapie nicht mehr sexuell infektiös sind. Diese Erkenntnis gibt es seit bald acht Jahren und ist wissenschaftlich belegt“, erklärt die Initiatorin der Facebook-Aktion Michèle Meyer. „Wir leben es und reden darüber!“

Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) begrüßte die kurz vor dem Welt-Aidstag am 1. Dezember gestartete Aktion auf Facebook und schreibt, Sex ohne Kondom könne durchaus Safer Sex sein. „Ein HIV-Positiver, der HIV nicht weitergeben kann, handelt beim Sex mit HIV-Negativen nicht verantwortungslos. Er kann sich darauf verlassen, dass sein Gegenüber geschützt ist“, sagt DAH-Vorstand Manuel Izdebski. Wichtig sei jedoch: Wer Schutz durch Therapie praktizieren möchte, muss sich vorher gut informieren, da einige Bedingungen erfüllt sein müssten. „Während HIV-Positive Menschen meist wissen, ob sie HIV noch übertragen können oder nicht, müssen HIV-Negative Menschen im Einzelfall abschätzen, ob sie genug über den Partner wissen. Dafür ist Vertrauen notwendig“, so Izdebski.

Trügerische Sorglosigkeit

Nicht alle sehen das so gelassen wie die Deutsche AIDS-Hilfe. Als ein HIV-positiven Mann mit seiner Erklärung, er habe regelmäßig Sex ohne Kondom, die Aktion ins Rollen brachte, wurde er in einigen Medien und den Sozialen Netzwerken angefeindet und sogar bedroht. In vielen Kommentaren wurde er als „verantwortungslos“ bezeichnet.

Kritik kam von NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Die Mach’s ohne Aktion vermittle eine falsche Sicherheit, kritisierte sie. In einem WDR-Bericht forderte die Grüne Ministerin die Deutsche AIDS Hilfe auf, ihre Aussagen zu überdenken.

Mach’s mit

Auch die Lesben und Schwulen in der Union NRW (LSU) sehen den Slogan „Wir machen’s ohne“ mit Sorge. „So ein Slogan kann zu einer Bagatellisierung führen“, schreiben die Christdemokraten in einer Stellungnahme. Besonders jungen Schwulen in der Findungsphase werde so eine trügerische Sorglosigkeit suggeriert. Schließlich handle sich immer noch um eine chronische und potentiell lebensbedrohliche Krankheit. „Aus Sicht der LSU sollte das Motto deshalb weiterhin heißen: „Mach’s mit“!“ Gleichwohl zeigt die LSU Verständnis für das Anliegen, HIV-Positive von Stigmatisierungen zu befreien und über die Schutzfunktion der HIV-Medikamente aufzuklären.

Foto: © kiatipol - Fotolia.com

Hauptkategorien: Prävention und Reha , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Infektionskrankheiten , HIV , AIDS

Weitere Nachrichten zum Thema HIV

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin