Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Ruhende Arzneimittelzulassungen: Patienten bekommen Ersatzpräparate

Sonntag, 14. Dezember 2014 – Autor:
80 Medikamente dürfen seit einer Woche nicht mehr verkauft werden, weil ihre Zulassungen auf gefälschten Studien basieren. Patienten haben Anspruch auf ein gleichwertiges Ersatzpräparat. Gibt es das nicht, brauchen sie ein neues Rezept vom Arzt.
Ruhende Arzneimittelzulassungen: Patienten bekommen Ersatzpräparate

80 Zulassungen ruhen. Patienten haben einen Anspruch auf gleichwertige Medikamente

Es ist einer der größten Arzneimittelskandale der letzten Jahre: Am letzten Montag hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Verkaufsstopp von 80 Medikamenten angeordnet, weil ihre Zulassungen auf gefälschten Studien beruhen. Dabei geht es ausnahmslos um Nachahmerpräparate – so genannte Generika, deren Zulassungsstudien durch die indische die Firma GVK Biosciences durchgeführt wurden.

Nun stehen Patienten und Apotheken gleichermaßen vor derselben Frage. Was passiert wenn der Arzt ein vom Ruhen der Zulassung betroffenes Arzneimittel verordnet hat? Die Antwort weiß Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV): „Verordnet der Arzt ein solches Arzneimittel, darf dieses nicht mehr abgegeben werden. Es ist stattdessen nach 'aut idem' eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abzugeben, sofern nicht ein Rabattarzneimittel vorrangig abzugeben ist.“

GKV zahlt auch teurere Präparate

Ist kein gleichwertiges Präparat verfügbar, muss der Patient oder die Apotheke den Arzt kontaktieren, damit dieser eine Änderung der Verordnung vornimmt, oder ein neues Rezept ausstellt. Wäre das Rabattarzneimittel vom Ruhen der Zulassung betroffen, ist das Sonderkennzeichen für Nichtabgabe eines Rabattarzneimittels aufzudrucken und mit der Dokumentation 'Nichtabgabe wegen Ruhen der Zulassung' zu versehen." Der DAV hatte sich vergangene Woche mit dem GKV-Spitzenverband über diese Regelung verständigt.  Becker : "Mit dieser Regelung haben wir wenigstens das Retaxationsrisiko minimiert und weitere Belastungen von den Apotheken ferngehalten."

Das BfArM gibt unterdessen auf seiner Internetseite eine Liste mit den betroffenen Medikamenten bekannt. Nach Einschätzung des BfArM ist nicht mit Lieferengpässen zu rechnen, weil vergleichbare andere Arzneimittel zur Verfügung stünden. Es lägen auch keine Hinweise auf Gesundheitsgefahren für Patienten vor.

BfArM sieht keine Engpässe

Von den insgesamt 80 betroffenen Arzneimitteln war bei 17 Arzneimitteln von 5 pharmazeutischen Unternehmen die Zulassung bereits zuvor erloschen, weil der Zulassungsinhaber schriftlich auf die Zulassung verzichtet hatte oder keinen Antrag auf Verlängerung der Zulassung gestellt hatte. Auch diese Arzneimittel dürfen nun während der so genannten Abverkaufsfrist nicht mehr abgegeben werden und dürfen wie die anderen 63 Arzneimittel von elf pharmazeutischen Unternehmen so lange nicht mehr in Verkehr gebracht werden, bis die jeweiligen Zulassungsinhaber neue Studien mit Nachweis der Bioäquivalenz vorlegen.

Das BfArM hatte im Rahmen eines Anhörungsverfahrens insgesamt 176 Zulassungen von insgesamt 28 pharmazeutischen Unternehmen überprüft. Bei 96 Zulassungen hat die Überprüfung ergeben, dass diese aus verschiedenen Gründen nicht betroffen sind, etwa weil auch andere Studien zum Nachweis der Bioäquivalenz vorgelegt worden waren. In solchen Fällen wurde kein Ruhen der Zulassung angeordnet.

Auslöser für die Überprüfung durch das BfArM war eine Inspektion bei der indischen Firma GVK Biosciences, bei der erhebliche Mängel bei der Studiendurchführung und der Datenvalidität festgestellt worden waren.

Foto: AOK Mediendienst

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Arzneimittel , Arzneimittelrabattverträge

Weitere Nachrichten zum Thema Arzneimittel

13.09.2017

Die Beipackzettel in Medikamenten-Verpackungen sollen lesbarer werden. Dafür macht sich das Saarland stark. Die bisherigen Informationen könnten um eine laienverständliche Kurzform ergänzt werden.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin