Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Rückenschmerzen oft nicht leitliniengerecht behandelt

Samstag, 7. September 2013 – Autor: Anne Volkmann
Rückenschmerzen können quälend sein und sind einer der häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung. Dennoch werden die Beschwerden oft nicht leitliniengerecht behandelt. Das zeigt eine aktuelle Studie.
Zu oft MRTs bei Rückenschmerzen

Bei Rückenschmerzen nehmen bildgebende Untersuchungen zu.

Rund 12 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen, viele davon unter Rückenschmerzen. Die Versorgungssituation der Patienten ist jedoch oft mangelhaft; viele erhalten nicht die richtige Therapie. Dies ist nicht nur ein deutsches Problem, wie eine Studie der Harvard Medical School in Boston jetzt zeigt. Demnach zeichnen sich in den USA bei der Versorgung von Patienten mit Rückenschmerzen besorgniserregende Trends ab.

Für ihre Studie haben die Forscher um Dr. John N. Mafi anhand von Daten aus zwei USA-weiten Untersuchungen analysiert, wie sich das Verordnungsverhalten bei Patienten mit Rückenschmerzen zwischen 1999 und 2010 verändert hat. Es zeigte sich, dass immer öfter nicht leitliniengemäße Vorgehensweisen zum Einsatz kommen, während gleichzeitig leitliniengerechte Therapien weniger werden.

Röntgenaufnahmen bei Rückenschmerzen oft überflüssig

Ein Ergebnis der Studie ist, dass zu oft und zu früh bildgebende Untersuchungen wie Röntgen oder Magnetresonanztomografie (MRT) verordnet werden, obwohl dies den Studienautoren zufolge nachweislich weder einen klinischen noch einen psychologischen Nutzen hat. Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule wurden – obwohl nicht empfohlen – gleichbleibend bei 17 Prozent der Patienten angefertigt. Bei Computer- und Magnetresonanztomografien war sogar ein Anstieg von 7,2 auf über 13 Prozent zu verzeichnen. Dabei machte es keinen Unterschied, ob die Patienten an akuten oder chronischen Rückenschmerzen litten. Die Wahrscheinlichkeit für Untersuchungen per CT oder MRT war besonders hoch, wenn die Patienten nicht ihren Hausarzt, sondern einen Neurologen oder orthopädischen Chirurgen aufgesucht hatten.

Obwohl in allen Leitlinien zur Behandlung der Rückenschmerzen konservativen Therapien der Vorrang gegeben wird, werden zu selten Physiotherapie sowie NSAR und Paracetamol verordnet. Stattdessen werden der Studie zufolge immer häufiger Opioide verschrieben, die eigentlich ausschließlich denjenigen Patienten vorbehalten sind, bei denen Alarmsignale wie beispielsweise neurologische Beeinträchtigungen auftreten.

Zu viele Operationen bei Rückenschmerzen

Den Forschern zufolge erklärt der übermäßige Einsatz bildgebender Verfahren vermutlich auch den Anstieg bei den „teuren, mit Nebenwirkungen belasteten und oft unwirksamen“ Wirbelsäulenoperationen. Auch in Deutschland werden Rückenleiden immer öfter mit dem Skalpell behandelt. So stieg in Deutschland beispielsweise zwischen 2007 und 2010 die Zahl der Bandscheiben-Operationen von 140.000 auf 171.000 Eingriffe.

Nach Einschätzung von Experten sind bis zu 85 Prozent aller Operationen bei Rückenbeschwerden überflüssig. Auch die Bostoner Ärzte erklären: „Beim Management von Rückenschmerzen sind Ausgabeneinsparungen möglich, mit denen zusätzlich die Qualität der Versorgung verbessert werden kann.“

Foto: © forestpath - Fotolia.com

Weitere Nachrichten zum Thema Rückenschmerzen

Wenn wir lange angespannt vorm Computer sitzen, gedankenlos eine schwere Getränkekiste heben oder Stress haben: Der Rücken reagiert schnell darauf - mit Schmerzen. Bewegungsmangel und unergonomische Belastungen sind seine größten Feinde. Das einfachste und beste Mittel dagegen: Selbst gut für den Rücken sorgen.

Ein Bandscheibenvorfall ist schmerzhaft und schränkt die Lebensqualität für Wochen ein. Experten der „Aktion Gesunder Rücken“ warnen aber vor der überstürzten Entscheidung für eine Operation. Sie raten stattdessen, Geduld für eine nicht-operative Therapie mitzubringen und auf die Selbstheilungskräfte des Körpers zu vertrauen.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin