Recht auf stufenweise Wiedereingliederung häufig unbekannt
Nach langer Arbeitsunfähigkeit durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit fällt vielen Betroffenen der Wiedereinstieg in das Berufsleben schwer. Oft fürchten sie, den Arbeitsanforderungen nicht mehr gerecht werden zu können. Gleichzeitig weisen Umfragen darauf hin, dass die große Mehrheit so schnell wie möglich wieder arbeiten will.
Die Lösung kann eine stufenweise Wiedereingliederung sein. Doch viele kennen ihren Anspruch darauf gar nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DEGAUM) verweist daher in einer dpa-Mitteilung darauf, dass grundsätzlich jeder Arbeitnehmer nach längerer Krankheitsdauer Anspruch auf eine stufenweise Wiedereingliederung ins Arbeitsleben hat.
„Hamburger Modell“ hilft beim Wiedereinstieg
Arbeitsmediziner Christoph Oberlinner ruft in der Pressemitteilung dazu auf, die Möglichkeit des sogenannten „Hamburger Modells“ zu nutzen. Vor allem Beschäftigte in kleineren Firmen würden dies aber häufig gar nicht kennen. Grundsätzlich kann nach jeder schweren Erkrankung eine stufenweise Wiedereingliederung angebracht sein. Sie kommt vor allem bei und nach Herzerkrankungen, Rheuma, neurologischen und psychischen Erkrankungen oder nach Operationen zur Anwendung.
Beim „Hamburger Modell“ können die Arbeitnehmer zunächst nur für wenige Stunden an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Die tägliche Arbeitszeit wird dann schrittweise erhöht, bis die volle Arbeitsfähigkeit wieder erreicht wird. Die Betroffenen erhalten in dieser Zeit Kranken- oder Übergangsgeld. Am besten sei es, möglichst früh mit dem Betriebsarzt zu besprechen, wie die Rückkehr an den Arbeitsplatz konkret gestaltet werden könne, so Oberlinner.
Stufenweise Wiedereingliederung: Günstige Prognose ist Voraussetzung
Voraussetzung für die stufenweise Wiedereingliederung sind zum einem die ausreichende Belastbarkeit des Betroffenen und die Aussicht, dass die stufenweise Eingliederung wieder zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit am alten Arbeitsplatz führen wird. Zweite Voraussetzung ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zustimmen. Der Arbeitgeber kann den Vorschlag auch ohne Angabe von Gründen ablehnen; bei schwerbehinderten Beschäftigten ist er allerdings unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, einer stufenweisen Wiedereingliederung zuzustimmen.
Schlägt der Arbeitgeber oder der Betriebsarzt eine stufenweise Wiedereingliederung vor, kann der Beschäftigte selbst entscheiden, ob er das Angebot annimmt. Eine Ablehnung darf für ihn keine negativen Folgen haben und schränkt auch nicht sein Recht auf Zahlung des Kranken- oder Übergangsgeldes bis zur Genesung ein.
Foto: granata68 /fotolia.com