Psychotherapeuten lehnen neue Diagnose-Formulare ab
Die darin vorgeschriebenen Fragen und Antwortmöglichkeiten seien in einer zum Teil stigmatisierenden Sprache verfasst. Als Faktoren, die eine Erkrankung gefördert haben, müssten Eltern gemeinsam mit dem Psychotherapeuten zum Beispiel "abnorme Erziehungsbedingungen" ankreuzen oder "abnorme intrafamiliäre Beziehungen" angeben, heißt es in einer Mitteilung.
"Solche herabwürdigenden Bezeichnungen sind für die Gespräche mit Patienten völlig ungeeignet", sagt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Die geplanten Testverfahren seien zudem nicht dazu angetan, die Diagnostik psychischer Erkrankungen zu unterstützen.
Psychotherapeuten und Ministerium lehnen Formulare ab
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist ebenfalls unzufrieden. Es kritisierte den geplanten Einsatz von Dokumentations-Bögen in der ambulanten Psychotherapie. Die darin geplante Angabe der Versichertennummer sei nicht nur "nicht erforderlich", sondern sogar "rechtswidrig". Auch die "fachliche Fundiertheit" der vorgesehenen Dokumentations-Parameter wird angezweifelt.
Auch in einem weiteren Punkt verlangt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Änderungen der Richtlinie. Er hält es für "zwingend erforderlich", die psychotherapeutische Sprechstunde als Pflicht-Angebot einzuführen. Laut Richtlinie ist sie eine „Kann“-Leistung.
Für die Versicherten ist die Sprechstunde nach der neuen Richtlinie verpflichtend. In der Konsequenz sei ein "hinreichendes, flächendeckendes Angebot an Sprechstunden notwendig, damit die Versicherten überhaupt eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen können.
Gröhe: Sprechstunde ist Pflicht-Leitung des Psychotherapeuten
Eine Regelung, die es dem Psychotherapeuten ermögliche, ein für den Patienten essenzielles Leistungs-Angebot abzulehnen, "kollidiere" zudem mit den vertragsärztlichen Pflichten eines Psychotherapeuten beziehungsweise dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen.
„Die übergroße Mehrheit der Psychotherapeuten wird die Sprechstunde ohnehin anbieten", erklärte dazu Dr. Munz. "Als freiwilliges Angebot kann die einzelne Praxis ihre Schwerpunkte dem Bedarf angemessen festlegen. Ob und welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Sicherstellung der Versorgung zu gewährleisten, könnte letztlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen geprüft und bei Bedarf geregelt werden“, so der BPtK-Präsident weiter.
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