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Pflegequalität bei Demenz: Große Unterschiede in Europa

Freitag, 22. August 2014 – Autor:
In der Qualität der Pflege gibt es EU-weit erhebliche Unterschiede. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie. Demnach könnte rund ein Viertel der Menschen mit Demenz, die in Pflegeheimen versorgt werden, mit besserer Unterstützung noch zu Hause wohnen.
Versorgung von Demenzpatienten mangelhaft

Viele Menschen mit Demenz könnten zu Hause versorgt werden. – Foto: Alexander Raths - Fotolia

Die allermeisten Menschen wollen im Alter in den eigenen vier Wänden bleiben. Und gerade bei Demenz ist die vertraute Umgebung wichtig, damit sich der alte Mensch so lange wie möglich orientieren kann und geborgen fühlt. Doch es hapert an ambulanten Pflegeangeboten, und so müssen EU-weit mindestens ein Viertel der Menschen mit Demenz, die mit entsprechender Unterstützung durch ambulante Dienste zu Hause versorgt werden könnten, ins Pflegeheim ziehen. Das ist das Ergebnis der internationalen Studie „RightTimePlaceCare“. Fast vier Jahre lang haben sich die Partner des von der Universität Witten/Herdecke (UW/H) koordinierten Projekts mit der Frage beschäftigt, wie die Versorgungssituation von Menschen mit Demenz und ihrer pflegenden Angehörigen in Europa aussieht, wie diese verbessert werden kann und welche Faktoren einen Umzug in ein Pflegeheim beeinflussen.

Demenzpatienten könnten oft zu Hause betreut werden

Für das von der Pflegewissenschaftlerin Professor Gabriele Meyer geleitete Projekt wurden mehr als 2000 Menschen mit Demenz, die kürzlich in ein Pflegeheim gezogen waren oder für die ein Umzug als wahrscheinlich eingeschätzt wurde, sowie ihre pflegenden Angehörigen befragt. Besonders interessierten sich die Forscher für die Übergangsphase von der häuslichen in die stationäre Betreuung.

Es zeigte sich, dass es bei den Gründen für einen Umzug in ein Pflegeheim EU-weit große Unterschiede gibt. Allgemein gelten als wichtigste Faktoren für einen Umzug von Demenzpatienten in ein Heim die mangelnde Bewältigung alltäglicher Aktivitäten, demenzbedingte Verhaltensauffälligkeiten sowie die hohe Belastung der pflegenden Angehörigen. „Bei der Entscheidungsfindung über den Umzug in ein Pflegeheim besteht in allen teilnehmenden Ländern Optimierungsbedarf“, kommentierte Gabriele Meyer das Ergebnis. Viele Betroffene könnten durchaus in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Hier müssten die Institutionen besser zusammenarbeiten und die ambulante Pflege gestärkt werden.

Pflegequalität sehr unterschiedlich

Auch bei der Qualität der Pflege in den stationären Einrichtungen stellte die Projektgruppe erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern fest. So schwankt beispielsweise die Anzahl der angewandten freiheitsentziehenden Maßnahmen wie Bettgitter oder Bauchgurte sehr stark. Spitzenreiter sind hier Spanien (83 Prozent), Estland (48 Prozent) und Finnland (40 Prozent). Die meisten Druckgeschwüre im Pflegeheim kamen in Estland vor, Psychopharmaka wurden am häufigsten in Frankreich und Spanien verabreicht. Allerdings liegt hier der europaweite Durchschnitt mit 70 Prozent ohnehin sehr hoch.

Auch bei den Patienten, die zu Hause gepflegt werden, fallen die Resultate sehr heterogen aus. Zudem zeigten sich bei der empfundenen Belastung der pflegenden Angehörigen erhebliche Unterschiede. Allerdings gibt es offenbar kein Land in Europa, das den anderen in allen Aspekten der Pflegequalität überlegen ist. In jedem Land stellten die Forscher Mängel fest, die behoben werden könnten.

In der ökonomischen Begleitevaluation, die durch Professor Dirk Sauerland von der UW/H geleitet wurde, zeigte sich zudem, dass finanzielle Einsparungen möglich wären, wenn Menschen mit Demenz länger in den eigenen vier Wänden leben würden. Nach Ansicht der Forscher könnte dieses Geld wiederum in eine bessere ambulante Versorgung reinvestiert werden.

Foto: © Alexander Raths - Fotolia.com

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