Ökonom O‘Neill: Mehr Geld für neue Antibiotika dringend benötigt
Antibiotikaresistenzen nehmen rasend schnell zu, während die Forschung keine neuen Substanzen entgegenzusetzen hat. Die bedrohliche Lage ist seit Jahren bekannt. Nun hat der international bekannte Ökonom Jim O'Neill im Auftrag des britischen Premierministers David Cameron die Situation analysiert und einen detaillierten Bericht vorgelegt. Darin warnt der Ökonom, dass bis 2050 durch die mangelnde Versorgung mit Antibiotika jährlich mit zehn Millionen Todesopfern zu rechnen ist.
Das sind mehr Menschen als derzeit an den Folgen von Krebs sterben. Die weltweiten Kosten werden laut O’Neill in der Folge auf 100 Milliarden US-Dollar ansteigen.
O’Neill fordert Innovationsfonds
In den USA wurden zwischen 2010 und 2014 rund 26 Milliarden Dollar für die Krebsforschung ausgegeben. Im gleichen Zeitraum erhielt die HIV-Forschung 14 Milliarden Dollar. Dagegen wurden in die Erforschung antimikrobieller Resistenzen nur 1,7 Milliarden Dollar investiert. Angesichts dieser Zahlen fordert der Experte die Kluft der Mittel für die Forschung zwischen Krebs und Antibiotika endlich zu schließen.
„Wir wissen, dass es keine Wunderwaffe gegen Antibiotikaresistenzen gibt, deswegen muss die Weltgemeinschaft jetzt handeln“, so Jim O’Neill. Der Ökonom schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor. Unter anderem fordert er, einen weltweiten Innovationsfonds für die Unterstützung neuer wissenschaftliche Visionen und Ideen einzurichten, in den Internationale Geldgeber rund zwei Milliarden Dollar einzahlen sollten. Außerdem empfiehlt der Experte eine Neubewertungbestehender Medikamente, die Verringerung unnötiger Verschreibungen durch bessere Testverfahren, die Ausbildung einer neuen Generation von Wissenschaftlern sowie die Beobachtung der Ausbreitung von Resistenzen.
Ohne Antibiotika sind auch andere Therapien gefährdet
O’Neill bezeichnete die Antibiotikaforschung als „armen Verwandten“ der Erforschung chronischer Krankheiten. „Aber ohne Antibiotika kann auch die Behandlung dieser Krankheiten gefährdet werden“, sagte er. Zahlreiche Behandlungsansätze von der Chemotherapie bis hin zur Chirurgie seien nur durch Antibiotika möglich.
Der Ökonom wurde bei seinem Bericht vom Londoner Wellcome Trust unterstützt. Dessen Direktor Dr. Jeremy Farrar kommentierte: “Der Bericht zeigt, was Regierungen und internationale Geldgeber ab sofort tun können, aber auch jeder Einzelne von uns kann eine Beitrag leisten." Jetzt müssten alle handeln.
Foto: © Alexander Raths - Fotolia.com