Niedergelassene kritisieren „Aufwertung“ der Berliner Rettungsstellen
Kaum war der Berliner Krankenhausplan verabschiedet, kam Protest aus den Reihen der niedergelassenen Ärzte. Statt die gute ambulante Versorgung auszubauen, saniere der Senator die Kliniken zulasten der Berliner Praxen, kritisierte der Virchow-Bund am Freitag. Nicht nur die geplante Erhöhung der Bettenzahl ist dem Verband der niedergelassenen Ärzte in Berlin ein Dorn im Auge, auch die Stärkung der Berliner Rettungsstellen. Nach den Plänen von Gesundheitssenator Mario Czaja werden Krankenhäuser künftig zu bestimmten Personalschlüsseln in den Rettungsstellen verpflichtet. Zudem sollen die Qualitätsstandards angehoben werden. Czaja begründet dies damit, dass die Rettungsstellen bereits hoch ausgelastet sind und der Bedarf weiter wächst. Mehr als drei Viertel aller ambulanten Notfallpatienten in Berlin werden im Krankenhaus versorgt. „Dies ist ein Vertrauensbeweis in die Notaufnahmen Berlins“, erklärte Czaja am Freitag. Deshalb sei die Stärkung der Rettungsstellen ein notwendiger Schritt.
Berliner gehen im Notfall lieber ins Krankenhaus
Derzeit gibt es in Berlin keine einzige Notfall-Praxis für Erwachsene. Der fahrende ärztliche Notdienst der KV ist nach einer aktuellen Umfrage bei der Hälfte der Berliner nicht bekannt. Dies treibe die Mehrheit im Notfall in die Rettungsstellen der Krankenhäuser, sagte Czaja. Mathias Coordt Vorsitzender der Landesgruppe Berlin/Brandenburg des Virchow Bunds, zweifelt allerdings daran, dass die vom Senator versprochene fachärztliche Behandlung von den Kliniken gewährleistet werden kann. „Aufgrund der dünnen Personaldecke in den Häusern ist das fragwürdig“, sagte er.
KV will Kliniken zu schriftlicher Begründung zwingen
Zudem kritisierte Coordt, dass die Rettungsstellen künftig mehr Geld bekommen sollen. Allerdings hat dies nicht das Land Berlin beschlossen, sondern der Bund im Krankenhausstrukturgesetz. Genau wie der Virchow-Bund will auch die Kassenärztliche Vereinigung, dass Rettungsstellen nur noch außerhalb der üblichen Sprechzeiten tätig werden dürfen. Andernfalls müsse die Klinik eine „Gefahr für Leib und Leben“ schriftlich und ausführlich begründen. Die KV droht sogar damit, Leistungen ansonsten nicht zu vergüten. Dies geht aus einem Schreiben der KV an die Notfallkrankenhäuser hervor. Der Virchow Bund ist sich mit der KV zwar in der Sache einig, kritisierte aber den scharfen Ton der ärztlichen Standesvertretung. „Die aggressive Rhetorik der KV-Spitze in Richtung Krankenhäuser in den vergangenen Wochen erweist sich als Bärendienst für die Berliner Praxisärzte“, erklärte Coordt.
Czaja findet die Forderung der KV absurd. „Wegen 35,- Euro Notfallentgelt bei 1,2 Millionen Patienten pro Jahr eine solche Bürokratie einzuführen, ist unverantwortlich.“ Der Senator hat das Bundesgesundheitsministerium nun um eine schnelle Bewertung der Gesetzesauslegung zu den Rechten der KV gebeten.
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