Bei der Suche nach Risikogenen für Typ-2-Diabetes (Alterszucker) entdeckte das Wissenschaftlerteam um Hans-Georg Joost und Stephan Scherneck neben einem neuen Diabetesgen auch einen neuen Mechanismus, der dicke Mäuse für Diabetes weniger anfällig macht. Ein Erbgutfragment, ein so genanntes springendes Gen oder Transposon, das bei einigen Mausstämmen natürlicherweise vorkommt, vermindert die Aktivität des Risikogens Zfp69. Wie die Forscher zeigen, ist auch das entsprechende menschliche Gen (ZNF642) bei übergewichtigen Personen mit Diabetes verstärkt aktiv - und dies stärker als bei Gesunden. Es könne daher nicht nur bei dicken Mäusen, sondern auch bei übergewichtigen Menschen Alterszucker begünstigen, so die Forscher.
"Wir haben damit ein neues, für Maus und Mensch gleichermassen bedeutsames Diabetesgen gefunden", sagt Hans-Georg Joost, Studienleiter und wissenschaftlicher Direktor des DIfE. "Darüber hinaus haben wir einen regulatorischen Mechanismus entdeckt, der bislang im Zusammenhang mit Diabetes noch nicht beschrieben wurde".
Bei dem Erbgutfragment handelt es sich um ein so genanntes "springendes Gen" oder "Transposon" viralen Ursprungs. Die Beobachtung, dass "Transposons" im Erbgut höherer Organismen einschliesslich dem des Menschen auftreten und das Erscheinungsbild eines Organismus verändern können, ist nicht neu. "Neu und interessant ist, dass ein Transposon vor Alterszucker schützen kann und damit zur Erblichkeit der (verminderten) Diabetesanfälligkeit beiträgt.", sagte Joost.
Die neuen Daten zeigten, wie wichtig es sei, nicht nur die Gene selbst, sondern auch die Transposons in der Nähe der Gene genauer zu untersuchen, die man bislang nicht mit der Erblichkeit von Diabetes und Adipositas in Verbindung gebracht hat, so Joost weiter. "Das von uns untersuchte Transposon ist ungewöhnlich aktiv und hat das Zfp69-Gen fast völlig ausgeschaltet. Wir haben Hinweise dafür, dass es auch in anderen Genen der Maus wirksam ist. Da das menschliche Genom voll von ähnlichen Erbgutfragmenten ist, könnten diese dort eine grössere Rolle spielen als bislang angenommen."
Neben Ernährung und Lebensstil beeinflusst das Erbgut (Genom) zu etwa 50 Prozent das Risiko für Typ-2-Diabetes. Da sich das Erbgut von Mensch und Maus sehr ähnelt, nutzt das Team um Joost Mausmodelle, um noch unbekannte Krankheitsgene zu identifizieren. Die Wissenschaftler wollen anhand der Genfunktionen einen tieferen Einblick in die Entstehungsmechanismen der Erkrankung bekommen, um beispielsweise neue Strategien für Medikamententherapien zu entwickeln.