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Neues Arbeitszeitmodell sorgt für mehr Zufriedenheit in der Pflege

Montag, 4. August 2014 – Autor: Michael Schulz
„Schluss mit wechselnden Dienstzeiten“ verspricht ein Arbeitszeitmodell, welches die Deutsche Seniorenstift Gesellschaft aus Hannover (DSG) 2010 in ihrer stationären Pflegeeinrichtung in Hönow eingeführt hat. Jetzt soll der Test ausgeweitet werden.
Arbeitszeit in der Pflege

Arbeitszeiten in der Pflege sind derzeit eher unregelmäßig – Foto: fotodo - Fotolia

Kern des neuen Arbeitszeitmodells für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege sind Wochendienste an sieben Tagen am Stück mit jeweils verlängerten Dienstzeiten. Danach kommt es zu einer komplett dienstfreien Woche.

Für die Pflegebranche ist dieser Zwei-Schichten-Dienst etwas Neues. Die Normalität ist eine 5,5-Tage-Woche und drei Schichten. Getestet wurde das Arbeitszeitmodell seit 2010 im Pflegewohnstift Hönow der Deutschen Seniorenstift Gesellschaft aus Hannover (DSG).

Neues Arbeitszeitmodell: „Wir machen Schluss mit wechselnden Dienstzeiten“

„Wir machen Schluss mit wechselnden Dienstzeiten“, heißt es seitens der DSG. Für deren Geschäftsführer, Volker Schulze, steht im Mittelpunkt des neuen Arbeitszeitmodells „die sichere Planung der eigenen Freizeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“.

Denn die Realität in der Altenpflege sieht meist anders aus. Sie ist häufig geprägt von ständig wechselnden Dienstzeiten, dem Einspringen bei Mitarbeiterausfällen und einer schlechten Planbarkeit der Freizeit sowie einem vorzeitigem Berufsausstieg. Den „Teufelskreis von Überlastung und krankheitsbedingtem Ausfall sowie der Überforderung von ersatzweise einspringenden Mitarbeitern“, will die DSG mit dem neuen Arbeitszeitmodell durchbrechen.

Neues Arbeitszeitmodell durchbricht Status quo in der Pflege

Das neue 7/7-Arbeitszeitmodell für die Pflegemitarbeiter sieht vor, dass an sieben Tagen jeweils zehn Stunden gearbeitet wird. Hinzu kommen zwei Stunden Pausenzeit. Danach kommt es zu sieben Tagen Freizeit. Somit ist jedes zweite Wochenende frei, was dazu führt, dass drei Wochen Urlaub am Stück möglich sind; und dafür nur eine Woche Urlaub eingesetzt werden muss. Ein Einspringen zum Dienst außer der Reihe ist nicht vorgesehen.

Ausgerichtet ist das Modell auf eine 35-Stunden-Woche. Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche arbeiten an einem Tag in der ansonsten dienstfreien Zeit mehr. An diesem Tag sollen sie sich ausschließlich administrativen Aufgaben widmen, wie z. B. dem Schreiben von Pflegeplanungen.
Die Dienstplangestaltung ist nach der Einführung des neuen Arbeitszeitmodells viel leichter, heißt es seitens der DSG weiter. Die Zeiten lassen sich das gesamte Jahr durchplanen. Organisiert werden jetzt nur noch die „administrativen Tage“ sowie die Urlaubstage. Zu 85 bis 90 Prozent müssen die Dienstpläne nicht mehr verändert werden, lautet ein wesentliches Ergebnis der Testphase.

Gleichfalls als Vorteil wird gewertet, dass zum einen die Verantwortung für die Betreuung und Pflege der Bewohner eine Woche lang in den gleichen Händen liegt. Zum anderen komme es zu einer höheren Personaldichte pro Schicht. Zudem könne man Dank der langen Arbeitstage die Aufgaben besser über den Tag verteilen, betont die DSG. So gebe es weniger Zeitdruck und Stresssituationen.
Schneller geklärt werden können Probleme der Bewohner und deren Angehörige. Um 90 Prozent zurückgegangen seien die Beschwerden über nicht weitergegebene Pflegeinformationen, da die früher üblichen Mittagsübergaben des Pflegepersonals entfallen.

Neues Arbeitszeitmodell rechnet sich auch für das Unternehmen

Das neue Arbeitszeitmodell rechnet sich auch für das Unternehmen. So haben sich seit dessen Einführung die krankheitsbedingten Ausfalltage in Hönow reduziert. Positive Auswirkungen seien weiter bei der Pflegequalität ersichtlich, da nun ausreichend Zeit und Ruhe für die Dokumentation der Pflege zur Verfügung stehe.

Merklich verbessert habe sich auch das Verhältnis zwischen Bewohner und Pflegekräften, zeigt die Erfahrung aus Hönow: Die höhere Zufriedenheit unter den Mitarbeitern und die längere Anwesenheit rücken die menschlichen Aspekte der Betreuung stärker in den Vordergrund.

Lange Dienstphasen sind nicht für alle Mitarbeiter ideal

Die Arbeitstage beim 7/7-Arbeitszeitmodell sind lang, gibt die DSG zu. In den Dienstphasen komme es für manche Mitarbeiter zu hohen persönlichen Belastungen, wie auch Einschränkungen bei der Kinderbetreuung oder hinsichtlich der Freizeitgestaltung. Nicht selten treten am Ende der Arbeitswoche Ermüdung und Erschöpfung ein.

Längere Anfahrtswege der Mitarbeiter sprechen denn auch eher gegen das Modell, macht die DSG deutlich. Auch könne die Lebenssituationen der Mitarbeiter ein Hindernis darstellen – zum Beispiel dann, wenn gleichzeitig Angehörige gepflegt oder Kinder betreut werden müssen. Weiter seien Anpassungen für Teilzeitkräfte nötig.

Befragt man die Mitarbeiter zum Arbeitszeitmodell, so messen diese dem Erholungsfaktor in den Freiwochen zumeist einen höheren Stellenwert bei als der Mehrbelastung während der Dienstzeiten. Ob das 7/7-Arbeitszeitmodell in einer Pflegeeinrichtung oder auch im Krankenhausbereich erfolgreich ist, hänge stark von der Mitarbeiterstruktur vor Ort ab. „Hier können individuelle Lösungen weiterhelfen“, betont Schulze.

© Foto: fotodo - Fotolia.com

Hauptkategorie: Pflege

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