Neue Erkenntnisse über Antibiotika-Resistenzen
Multiresistente Bakterien stellen eine große Herausforderung für das Gesundheitswesen dar. Tausende von Patienten sterben in Deutschland jedes Jahr daran. Neben der Entwicklung neuer Antibiotika und der Vermeidung von Infektionen durch adäquate Hygienemaßnamen stellt auch die Erforschung der Abwehrmechanismen der multiresistenten Keime einen möglichen Ausweg dar. Eine internationale Forschergruppe unter Leitung der Goethe-Universität hat nun eine Erklärung für die Antibiotika-Resistenz bei dem Darmbakterium Escherichia coli (E. coli) gefunden.
Antibiotikum wird aus der Zelle gequetscht
In der Zellmembran des Bakteriums befindet sich eine Art Pumpe, die eingedrungene toxische Substanzen wie Antibiotika wieder nach außen befördern kann. Diese Pumpe, das AcrB-Protein, besteht aus zwei Bereichen. Bereits vor einigen Jahren hat die Arbeitsgruppe von Professor Martin Pos am Institut für Biochemie der Goethe-Universität die Funktionsweise der Pumpe in der Domäne zwischen den zwei Membranen, dem Periplasma, aufgeklärt. Sie arbeitet wie die Darmperistaltik oder eine Quetschpumpe. „Es handelt sich um einen Zyklus mit drei Phasen, entsprechend drei verschiedenen Konformationen der Proteinpumpe“, erläutert Martin Pos. Zunächst wird das Antibiotikum erkannt und locker gebunden, im nächsten Zustand im Inneren der Pumpe fest gebunden, und im dritten durch das Protein hindurch gequetscht und nach außen entlassen.
Nun haben die Forscher auch die Funktion der Transmembran-Domäne aufgeklärt: Sie befindet sich in der inneren Membran der Gram-negativen Zelle und liefert die Energie für den Antibiotika-Transport. Auch diese Domäne durchläuft während des Transportes einen Zyklus mit drei Phasen. Der „Treibstoff“ für die AcrB-Pumpe sind dabei Protonen, die über die Transmembrandomäne in die Zelle aufgenommen werden.
Mechanismus der multiresistenten Keime entschlüsselt
Wie das funktioniert, haben die Wissenschaftler herausgefunden, in dem sie zunächst die dreidimensionale Struktur mehrerer Varianten der AcrB Pumpe mittels Röntgenstrukturanalyse analysierten. „Der Protonentransport induziert eine Bewegung ähnlich wie beim Zylinder eines Kolbenmotors“, erläutert Pos. „Und obwohl die Transmembrandomäne weit entfernt liegt von der Domäne, welche die Antibiotikamoleküle nach außen transportiert, sieht es so aus, als wären die alternierenden Zyklen der beiden Domänen strikt gekoppelt.“
Kampf gegen Antibiotikaresistenzen
Die Forscher hoffen nun, dass ihre Ergebnisse zu neuen Optionen beim Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen führen könnten. „AcrB ist ein Modellprotein, welches sehr nahe Verwandte hat in anderen multiresistenten pathogenen Bakterien, wie zum Beispiel Acinetobacter baumannii", so Pos. Es könnten sich auch weitere Anwendungsfelder finden, denn "beim Menschen gibt es auch verwandte Proteine, die möglicherweise nach einem ähnlichen Mechanismus funktionieren. Sie transportieren jedoch nicht Antibiotika, sondern spielen eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Cholesterin-Gehalts in den Zellen oder der Entwicklung des Embryos."
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