Die innere Uhr des Menschen liegt im Gehirn. Mit ihrem festen Takt von Wach- und Schlafphasen prägt sie unseren gesamten biologischen Rhythmus. Sie orientiert sich über den Sehnerv am Einfall des Sonnenlichts. Aber auch unsere Gene beeinflussen den Tag-Nacht-Rhythmus, rund ein Dutzend Uhr-Gene waren bislang bekannt. Die Arbeitsgruppe um Prof. Achim Kramer vom Institut für Medizinische Immunologie der Charité sucht im menschlichen Gencode nach jenen Rädchen, die unseren eingebauten Taktgeber in Schwung halten.
Das natürliche Urwerk und sein Gen
Jetzt hat das Forscherteam offenbar ein solches Rädchen entdeckt - den Regulator Casein-Kinase 2. Dieses Gen, kurz CK2 genannt, kontrolliert die Aktivität einer bereits bekannten Schlüsselkomponente des natürlichen Uhrwerks, des Period 2. "Period 2 bestimmt, in welcher Phase eines Tages bestimmte biologische Prozesse ablaufen und macht uns somit zum Morgenmenschen oder Nachtschwärmer", sagt Prof. Kramer. Das Gen CK2 ist übrigens ein alter Bekannter in anderen wichtigen Zellfunktionen, wie der Zellteilung und der Reparatur von DNA.
Bei der Suche nach den regulierenden Genen konzentrierten sich die Forscher zunächst auf jene Klasse von Genen, die für die Stabilität von Proteinen verantwortlich ist. Zur Untersuchung legten sie gezielt einzelne Gene in den Zellen still. Spielt das betroffene Gen eine Rolle, lassen sich direkt Auswirkungen auf den Takt beobachten. Um die Veränderungen genau messen zu können, pflanzten die Forscher den Zellen zuvor ein Enzym aus dem Leuchtkäfer Photinus pyralis ein. Dieses Enzym übersetzt die Aktivität der Gene in Helligkeit. Wie bei einem Pendel wechseln sich bei einem Taktzyklus Leucht- und Dunkelphasen ab. An der Intensität und Häufigkeit des Pendelschlags lässt sich die Aktivität der Uhr-Gene messen.
Weitere Forschung geplant
Das neu entdeckte Gen CK2 fiel dabei besonders auf. Seine Ausschaltung verlängerte die Tagesdauer in den Zellen um rund zwei Stunden. Wurde es besonders aktiviert, beschleunigte sich die innere Uhr, so dass ein Tageszyklus nur noch 23 Stunden dauerte. Noch steht nicht fest, inwieweit diese Ergebnisse für Patienten mit einer Störung der inneren Uhr - etwa durch Jetlag oder Schichtarbeit - von Bedeutung sind. Das Charité-Team wird weiter forschen. "Unsere auf das gesamte Erbmaterial ausgeweitete Suche nach unentdeckten Rädchen im molekularen Uhrwerk läuft bereits auf Hochtouren", so Prof. Kramer.
Erste Ergebnisse präsentiert das Team jetzt in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Genes & Development (Volume 23(6), 2009, 708-718.)