Migranten mit psychischen Erkrankungen nicht ausreichend versorgt
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass bei Migranten psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angsterkrankungen signifikant häufiger auftreten als beim Rest der Bevölkerung. Gleichzeitig gibt es klare Hinweise darauf, dass der Bedarf an medizinisch-psychiatrischer Versorgung bei Menschen mit Migrationshintergrund nicht gedeckt ist. Experten fordern daher, dass sich das deutsche Gesundheitssystem stärker auf die Bedürfnisse von psychisch kranken Menschen anderer Kulturen und Sprachen einstellt.
Besonders häufig von psychischen Erkrankungen betroffen sind Flüchtlinge und Asylsuchende. Denn bei Vertreibung und Isolation ist das Risiko für psychische Störungen – wie zum Beispiel für posttraumatische Belastungsstörungen – besonders hoch. Geringe Integration, Sprachprobleme und Arbeitslosigkeit verstärken das Risiko noch.
Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge verbessern
Noch prekärer wird die Situation dadurch, dass für Flüchtlinge und Asylsuchende mit psychischen Erkrankungen in Deutschland zurzeit keine angemessene Behandlung zur Verfügung steht. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb, Flüchtlingen und Asylsuchenden eine medizinische Versorgung zu ermöglichen, wie sie in der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegt ist. „Es ist unmenschlich, Flüchtlingen eine wirksame Behandlung ihrer psychischen Erkrankung zu verweigern“, so BPtK-Präsident Professor Rainer Richter.
Auch das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit setzt sich dafür ein, dass allen Menschen mit psychischen Erkrankungen - unabhängig von ihrer Herkunft oder Nationalität – der Zugang zur psychiatrischen Versorgung ermöglicht wird. Dazu müssten jedoch zunächst kulturelle und sprachliche Barrieren abgebaut werden. Experten fordern schon seit längerem den Einsatz von Dolmetschern und multikulturellen Teams bei der medizinischen Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund.
Bisher sind Ärzte und Krankenhäuser im psychiatrischen Bereich bis auf wenige Ausnahmen nicht auf die Versorgung von Menschen anderer Kulturen und Sprachen vorbereitet. Da Stigmatisierung und Scham häufig zusätzlich dazu beitragen, dass sich die Betroffenen keine Hilfe suchen, gibt es hier dringenden Entwicklungsbedarf. „Um Barrieren zum und im Versorgungssystem zu reduzieren, ist gerade bei psychisch erkrankten Menschen ein sensibler Umgang mit den verschiedenen soziokulturellen Hintergründen und ihrer Haltung zu psychischen Erkrankungen unabdingbar. Interkulturelle Kompetenzen und insbesondere Angebote in Heimatsprachen sind deshalb unbedingt zu fördern“, erklärt auch Dr. Iris Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).
Informationsmaterial für Migranten
Verschiedene Einrichtungen bieten Informationsmaterialien oder Internetangebote zum Thema "Psychische Erkrankungen" in mehreren Sprachen an. So gibt es von der BPtK und dem Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK) die Broschüren „Wege zur Psychotherapie“ in türkischer sowie „Psychisch krank. Und jetzt?“ in türkischer und russischer Sprache. In Berlin steht der vom Landesbeauftragten für Psychiatrie herausgegebene Wegweiser „Psychiatrie in Berlin“ in acht Sprachen zur Verfügung. Er bietet einen Überblick über das Angebot psychiatrischer und psychotherapeutischer Hilfen im Land Berlin. Weitere überregionale Hilfestellungen in verschiedenen Sprachen gibt es auch vom Dachverband der transkulturellen Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im deutschsprachigen Raum (DTPPP).
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