Mehrheit der Raucher bekommt eine COPD
Bislang gingen Ärzte davon aus, dass etwa die Hälfte aller Raucher eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) entwickelt. Eine Studie der US-amerikanischen Lungenfachklinik National Jewish Health fand jedoch heraus, dass 80 Prozent von einer COPD betroffen sind. Für die Studie hatte die Klinik die Lungen von rund 8.800 Rauchern mit einer Computertomographie untersucht. Dadurch wurden Schäden am Lungengewebe auch dann sichtbar, wenn die Lungenfunktion unauffällig war. Das heißt: Selbst wenn Raucher noch gar keine Beschwerden haben, sind sie schon lungenkrank.
"Das Ergebnis zeigt ganz klar: Die Mehrheit der Raucher ist chronisch lungenkrank - auch wenn viele von ihnen nichts bemerken und davon ausgehen, dass es sie nicht betrifft“, sagt Professor Dr. Hans-Ulrich Kauczor vom Universitätsklinikums Heidelberg, der einen Teil der CT-Aufnahmen ausgewertet hatte. „Aber ohne Behandlung schreitet die COPD unaufhaltsam weiter fort“, warnt der Radiologe.
Studien-Teilnehmer hatten mindestens zehn Packungsjahre hinter sich
An der Studie nahmen 8.872 aktive und ehemalige Raucher im Alter zwischen 45 und 80 Jahren teil. Alle hatten mindestens zehn Jahre lang mindestens eine Packung Zigaretten pro Tag geraucht. Die meisten hatten aber deutlich mehr als diese „zehn Packungsjahre“ auf dem Konto. Die Wissenschaftler um Professor Dr. James Crapo und Dr. Elisabeth Regan vom National Jewish Health in Denver führten bei allen Studienteilnehmern zunächst einen Lungenfunktionstest durch. Dabei fanden sie bei etwa 50 Prozent Anzeichen einer COPD. Die andere Hälfte wurde als lungengesund eingestuft.
Im CT zeigte sich allerdings ein anderes Bild: Bei 42 Prozent der zuvor als gesund eingestuften Teilnehmer zeigten die Untersuchungen Veränderungen der Atemwege oder aufgeblähte Lungenabschnitte, sogenannte Emphysem. Zusätzliche Tests zeigten, dass 23 Prozent der „gesunden“ Teilnehmer unter Atemnot litten, 15 Prozent schafften beim Gehtest weniger als 350 Meter in sechs Minuten. In einem Fragebogen überschritt ein Viertel von ihnen einen Wert, der eine klinisch relevante Einschränkung der Lebensqualität markiert. Insgesamt war bei 55 Prozent die Lungengesundheit in irgendeiner Form beeinträchtigt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass dies frühe Anzeichen einer COPD sind. „Die Lunge leidet lange unbemerkt und die Folgen ds langjährigen Rauchens auf die Lunge wurden bisher gravierend unterschätzt,“ so das Fazit der Wissenschaftler im Fachjournal „JAMA Internal Medicine“, wo die Studie soeben erschienen ist.
COPD trotz normaler Lungenfunktion
Eine COPD wird üblicherweise mit einem Lungenfunktionstest, der Spirometrie, diagnostiziert. Dabei wird beispielweise gemessen, wie viel Luft die Patienten einatmen und in einer Sekunde ausatmen können. Die Studie zeigt nun, dass der Test nicht zu hundert Prozent aussagekräftig ist.
„Bei Einschränkungen im Lungenfunktionstest gehen wir davon aus, dass bereits ein Viertel des Lungengewebes zerstört ist“, erklärt Professor Felix Herth, Chefarzt der Abteilung Pneumologie am Universitätsklinikum Heidelberg. „Bis dahin ist viel Raum für erhebliche Schäden, die Betroffene nicht bewusst wahrnehmen oder wahrnehmen wollen. Hier gilt es, durch entsprechende Beratung zu sensibilisieren."
Einmal aufgetretene Schäden am Lungengewebe sind nicht umkehrbar. Durch eine frühzeitige Therapie und vor allem durch Rauchstopp kann das Fortschreiten der COPD aufgehalten werden. Eine Heilung ist nicht möglich.
In Deutschland leiden rund acht Millionen Menschen an einer COPD, jedes Jahr sterben über 100.000 an den Folgen des schleichenden Lungenversagens. 90 Prozent der COPD-Patienten sind oder waren Raucher.
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