Mehr Menschen mit chronischen Schmerzen als gedacht
Bisherige Schätzungen haben die Zahl der Menschen mit chronischen Schmerzen in Deutschland vermutlich als zu gering angesetzt. Einer aktuellen Studie zufolge sind knapp 23 Millionen Deutsche (28 Prozent) von chronischen, nicht tumorbedingten Schmerzen betroffen. Die Zufriedenheitswerte mit der aktuellen Schmerztherapie sind hingegen unzureichend: 24,2 Prozent der befragten Teilnehmer mit chronischen Schmerzen in einer Schmerzbehandlung gaben an, mit der Versorgung unzufrieden oder sogar sehr unzufrieden zu sein.
Fast jeder vierte Deutsche hat chronische Schmerzen
Für die Studie hat ein Forscherteam um Dr. Winfried Häuser im Auftrag der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Schmerztherapie (DIVS) eine repräsentative Befragung durchgeführt sowie die publizierte Forschungsliteratur gesichtet. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift DER SCHMERZ veröffentlicht.
28 Prozent der Befragten gaben an, in den letzten drei Monaten unter ständigen oder häufig auftretenden Schmerzen gelitten zu haben; bei fünf Prozent waren die Schmerzen auf eine Krebserkrankung zurückzuführen. Etwa sechs Millionen Deutsche sind durch ihre Schmerzen im alltäglichen Leben beeinträchtigt, bei 2,2 Millionen geht man sogar von einer vermehrten psychischen Symptombelastung (Schmerzkrankheit) aus.
Handlungsbedarf in der Schmerzversorgung
„Die bisher geschätzten Prävalenzraten von 15 bis 25 Prozent sind daher sogar eher zu gering als zu groß“, so Professor Thomas Tölle, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. „Damit sehen sich die jahrelangen Bemühungen der Schmerzgesellschaft bestätigt, auf das Problem nachdringlich aufmerksam zu machen.“ Die Zahlen zeigen laut Tölle, dass eine abgestufte Versorgungsplanung nötiger sei denn je, denn für alle Schmerzpatienten müsse eine individuelle Behandlung angeboten werden. Schätzungen zufolge fehlen jedoch mindestens 5.000 ausgebildete Schmerzmediziner, um eine angemessene Versorgung zu gewährleisten.
Erst kürzlich hatte Tölle beim 1. Nationalen Schmerzforum in Berlin gefordert, dass sich alle Akteure des Gesundheitswesens und der Gesundheitspolitik für das Thema Schmerzversorgung stärker einsetzen. Die aktuellen Zahlen seien nun eine gute Grundlage, um die konkrete Versorgung der deutschen Bevölkerung zu planen.
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