Krankenhäuser mit der Versorgung Demenzkranker überfordert
Menschen mit Demenz brauchen eine besondere Betreuung. Doch Krankenhäusern fehlt dafür das nötige Personal, insbesondere nachts treten ernsthafte Versorgungsengpässe auf. Zu diesen Ergebnissen kommt das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (dip). In seiner Studie Pflege-Thermometer 2014 hat das Kölner Institut 1.800 Stations- und Abteilungsleiter aus deutschen Krankenhäusern zur Versorgungslage von Menschen mit Demenz im Krankenhaus befragt. Der Studie zufolge litt fast jeder vierte Patient (23 %) auf den befragten Stationen an einer Demenz, wobei Demenz in der Regel allenfalls eine Nebendiagnose war. Die Patienten wurden hauptsächlich wegen körperlicher Erkrankungen behandelt.
Im Schnitt hat jeder vierte Patient im Krankenhaus die Nebendiagnose Demenz
Der Leiter der Studie Prof. Michael Isfort sagt, unterm Strich habe die Studie gravierende Mängel aufgedeckt. Am schlimmsten sei die Versorgungssituation nachts, wenn noch weniger Personal zur Verfügung stehe als tagsüber. „Acht von zehn befragten Stationen geben an, dass die Versorgung von demenzkranken Menschen vor allem nachts unzureichend gesichert ist“, so Isfort. Aber auch tagsüber würden Patienten fixiert -also ans Bett gefesselt - oder erhielten Schlafmittel, und das gar nicht so selten. So wurden im Zeitraum von nur einer Woche bei den Befragten der Studie rund 7.600-mal Medikamente zur Sedierung bei Patienten mit Demenz verabreicht und über 1.450-mal wurden körpernahe Fixierungen vorgenommen. Hochgerechnet auf alle Krankenhäuser in Deutschland schätzen die Forscher vom dip, dass pro Jahr rund 2,6 Millionen sedierende Medikamente verabreicht werden und ca. 500.000 meist unnötige Fixierungen durchgeführt werden.
Fallpauschalen und Personalmangel ursächlich für die gravierenden Mängel
Die befragten Leitungskräfte machten vor allem das DRG-System, den hohen Wirtschaftlichkeitsdruck und die ausgedünnte Personaldecke für die Versorgungsdefizite verantwortlich. „Es ist an der Zeit, die Sorgen der Pflege im Krankenhaus ernst zu nehmen“, meint Isfort. „Während man bei der Pflegeversicherung die Finanzierung der Betreuung für Menschen mit Demenz verbessert hat, warten die Krankenhäuser bislang darauf, dass erhöhte Leistungen und die Sicherstellung der Pflege durch gute Konzepte auch abrechnet werden können.“ Das hemme entscheidend die Versorgungsqualität. Spezielle Konzepte wie tagesstrukturierende Maßnahmen oder auch die Schulung von Demenzbeauftragten im Krankenhaus, werden laut Pflegethermometer nur auf einer von zehn Stationen eingesetzt. Auch hierfür fehlten in der Regel die Ressourcen.
Unter den befragten Abteilungen war die Innere Medizin mit 32 Prozent der größte Bereich, gefolgt von der Chirurgie (12 %) und der Geriatrie (8,6 %). Während je nach Fachrichtung der Anteil der Demenzkranken bei bis zu 68 Prozent lag, hatte auf internistischen Stationen immerhin jeder fünfte Patient (20,8%) die Nebendiagnose Demenz und auf unfallchirurgischen Stationen waren es 19 Prozent. Deshalb kommt die Studie auch zu dem Schluss, dass Menschen mit einer Demenz keine Seltenheiten mehr sind, sondern längst ein Regelfall in der Behandlungsrealität auf den Stationen.
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