Kinder leiden vermehrt an Bluthochdruck
Was die Deutsche Hochdruckliga vergangene Woche zum Weltkindertag meldete, hat selbst Ärzte überrascht: 700.000 Kinder in Deutschland sollen an Bluthochdruck leiden, vermuten die Bluthochdruck-Experten. Die Experten stützen sich dabei auf aktuelle Untersuchungen, wonach rund 20 bis 30 Prozent aller 15- bis 20-Jährigen bereits Veränderungen an den Herzkranzgefäßen aufweisen. Dies seien erste Anzeichen für eine beginnende Arteriosklerose, die unbehandelt zu Bluthochdruck und sogar Herzinfarkt, Schlaganfall, Nieren- und Gefäßschäden führen kann. „Daher ist es wichtig, auch schon bei Kindern den Blutdruck zu untersuchen, insbesondere wenn bereits Familienmitglieder daran erkrankt sind“, erklärte Dr. med. Martin Hulpke-Wette, niedergelassener Kinderkardiologe in der Präventionspraxis für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Göttingen. Eine frühe Diagnose beuge langfristigen Schäden vor.
Bluthochdruck: Übergewichtsepidemie bei Kindern und Jugendlichen
Genau wie bei Erwachsenen ist Übergewicht einer der größten Risikofaktoren für das Entstehen von Bluthochdruck. Nach neuesten Zahlen des Robert Koch-Instituts ist in Deutschland jedes fünfte Kind und sogar jeder dritte Jugendliche sind übergewichtig, rund acht Prozent sogar adipös, also fettleibig. „In den vergangenen 20 Jahren konnten wir eine regelrechte Übergewichtsepidemie bei Kindern und Jugendlichen beobachten“, so Hulpke-Wette. Dies führe, wie bei Erwachsenen auch, zu gesundheitlichen Problemen. Aber auch Schlafstörungen oder organische Schäden wie Nieren- und Stoffwechselerkrankungen könnten Bluthochdruck bei Kindern verursachen.
Mit zunehmendem Alter und Körpergröße steigt bei Kindern und Jugendlichen der Blutdruck an. Das erschwere es, eine klare Grenze zwischen normalen und erhöhten Werten zu ziehen, wie es bei Erwachsenen möglich sei, erklärt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Hochdruckliga Prof. Dr. Hans-Georg Predel. Doch die Bluthochdruck-Experten haben Grenzwerte definiert, die Diagnose und Therapie erleichtern sollen: So gilt für 12-Jährige ein Wert von 125 zu 80 mmHg, für 16-Jährige 135 zu 85 mmHg und für über 18-Jährige 140 zu 90 mmHg.
Für Kinder sind keine Bluthochdruck-Mittel zugelassen
Offen bleibt allerdings, wie Kinder mit Bluthochdruck mit Medikamenten zu therapieren sind: „Es gibt bislang weder Studien zur Medikamentenvergabe bei Kindern mit Bluthochdruck, noch sind für diese Patientengruppe Präparate zugelassen“, bedauert Predel. Zwar stünde eine medikamentöse Therapie bei Kindern nicht unbedingt im Vordergrund, sie sei aber in Einzelfällen doch notwendig, um die Gesundheit des Kindes langfristig zu erhalten. In diesen Fällen müssten Ärzte dann auf Medikamente zurückgreifen, die im Wesentlichen auf Erkenntnissen aus der „Erwachsenenforschung“ beruhten.
Missstände wie diesen möchte die Hochdruckliga nun mit einer soeben gegründeten Kommission für "Hypertonie bei Kindern" am Schopfe packen. Die Kommission wird sich nach Angaben der Hochdruckliga verstärkt um Aufklärung, Prävention und Therapie von Kindern mit Bluthochdruck kümmern - schließlich sei das kranke Kind von heute "der chronisch kranke und potenziell arbeitsunfähige Erwachsene von morgen."
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