Jeder vierte Behandlungsfehler-Vorwurf bestätigt
„Die Zahl der begutachteten Behandlungsfehlervorwürfe ist anhaltend hoch – insoweit können wir als Medizinischer Dienst keine Entwarnung geben“, sagte Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des MDS bei der Vorstellung der aktuellen Behandlungsfehler-Statistik in Berlin. Die Gesamtzahl der bearbeiteten Behandlungsfehler-Vorwürfe ist minimal von 14.585 im Jahr 2013 auf 14.663 Fälle 2014 gestiegen.
Die Zahl der bestätigten Verdachtsfälle nahm ebenfalls leicht von 3687 auf 3796 zu. „Auch bei größter Sorgfalt passieren Fehler im Krankenhaus, in der Arztpraxis und in der Pflege“, so Gronemeyer. Es gehe um einen offenen Umgang mit Fehlern, damit die Patienten entschädigt würden. Zudem müssten die Fehler systematisch analysiert werden, damit sie in Zukunft vermieden werden könnten. Im Mittelpunkt stehe dabei die Frage, welche Umstände zum Fehler geführt haben.
Viele Behandlungsfehler sind vermeidbar
Gut 200 der knapp 4000 Fehler – also immerhin fünf Prozent – wären nach Einschätzung des MDS mit einfachen Mitteln vermeidbar gewesen. „Wenn zum Beispiel bei Operationen immer eine standardisierte OP-Checkliste genutzt wird, dann kann einfach verhindert werden, dass offensichtliche Probleme und bekannte Risiken im Einzelfall übersehen werden. Besteht eine solche Routine nicht, dann liegt es nahe, dass doch folgenschwere Fehler aufgrund von Verwechslungen oder Missverständnissen geschehen können, so der Leiter des Bereiches Patientensicherheit beim MDS, Privatdozent Dr. Max Skorning.
Verdacht auf Pflegefehler meist bestätigt
Knapp zwei Drittel der Behandlungsfehlervorwürfe betrafen Behandlungen in Krankenhäusern. Ein Drittel der Vorwürfe bezog sich auf Behandlungen bei niedergelassenen Ärzten. Der größte Teil betrifft die Chirurgie. Mehr als die Hälfte der vermuteten Fehler (7845 Fälle) stehen in direktem Zusammenhang mit Operationen. Die Gutachter der Medizinischen Dienste bestätigten davon 24,3 Prozent. Deutlich häufiger als in der Chirurgie bestätigten die Gutachter Fehlervorwürfe in der Pflege. Mehr als die Hälfte der insgesamt 590 Verdachtsfälle (57,8%) auf Pflegefehler sahen die Medizinischen Dienste als berechtigt an. Auch in der Zahnmedizin lagen Patienten mit ihrem Verdacht auf Behandlungsfehler oft richtig. 39,2 Prozent von 1.419 vermuteten Fehlern bestätigten die Gutachter der MDK.
„Die Zahlen der MDK-Gemeinschaft spiegeln jedoch nicht die Behandlungsqualität wider, da sie nicht die Gesamtzahl der Behandlungen und Behandlungsfehler repräsentieren“, so Professor Astrid Zobel, Leitende Ärztin des MDK Bayern. Nach ihren Angaben ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, weil Fehler oft weder für Patienten noch für Behandler erkennbar sind. „Zum anderen sind Patienten vermutlich oft nicht in der Lage oder können sich nicht entschließen, einem Fehlerverdacht nachzugehen“, mutmaßte Zobel.
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