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Ist Demenz Folge eines gestörten Immunsystems?

Dienstag, 7. August 2012 – Autor: Anne Volkmann
Eine neue Studie zeigt, dass Demenz durch ein gestörtes Immunsystem hervorgerufen werden kann. Mit dieser Entdeckung ist auch ein neuer Therapieansatz verbunden.
Demenz kann Folge einer Abwehrreaktion sein

Demenz kann Folge einer Abwehrreaktion sein

Es gibt verschiedene Formen und Ursachen einer Demenzerkrankung. Mit einem gestörten Immunsystem wird sie jedoch meist nicht in Verbindung gebracht. Dass auch dies Ursache einer Demenz sein kann, zeigt nun eine von Wissenschaftlern der Charité in der Fachzeitschrift "Neurology" veröffentlichte Studie. Sie weist darauf hin, dass der allmähliche geistige Abbau Folge von Abwehrreaktionen des Körpers gegen die eigenen Nervenzellen sein kann. Etwa 20 Prozent der an Demenz erkrankten Patienten könnten von dieser speziellen Form der Krankheit betroffen sein. Bei ihnen kann eine immunsuppressive Therapie grosse Wirksamkeit entfalten.

Die Forscher konnten nachweisen, dass einige der Patienten, die an der Studie teilnahmen, Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren im Gehirn entwickelt hatten. Die NMDA-Rezeptoren dienen als Andockstelle für bestimmte Botenstoffe, die notwendig sind, damit Nervenzellen miteinander kommunizieren können. Sind diese Rezeptoren durch Antikörper blockiert, kommt es zu Funktionsstörungen der Nerven und dem allmählichen Verlust von Synapsen. Dies äussert sich dann in den für eine Demenz typischen Symptomen wie Gedächtnisstörungen und Veränderungen der Stimmung.

Eine Blutwäsche vernichtet die Antikörper

Durch eine Blutwäsche kann die Anzahl der Antikörper drastisch gesenkt werden, was zunächst zu einer Besserung der Symptome führt. Zwar bilden sich nach der Blutwäsche die Antikörper zurück, so dass nicht von einer Heilung gesprochen werden kann, doch mit Medikamenten lässt sich das Geschehen in Schach halten. Dass Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren zu akuten Erkrankungen führen können, war schon vor der Studie bekannt. Dass sie auch chronische Leiden auslösen können, bei denen es zu einem allmählichen Verlust der Gehirnleistung kommt, ist neu.

"Durch die Ergebnisse dieser Studie kann sich möglicherweise eine ganz neue diagnostische Herangehensweise an Demenzerkrankungen ergeben", erläutert Harald Prüss, Mediziner an der Klinik für Neurologie der Charité und Leiter der Studie. "Das verheissungsvolle Potential dieses neuen Ansatzes besteht darin, dass sich für eine ganze Gruppe von Demenzkranken, für die bislang keine spezifische therapeutische Option bestand, völlig neue Perspektiven ergeben können." Derzeit arbeiten die Forscher an Folgestudien mit grösseren Patientengruppen, um den neuen Therapieansatz zu bestätigen.

Foto: Clipdealer.com

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