Inkontinenz: Beckenbodentraining hilft auch Männern
Die Behandlungsmethode richtet sich - wie oft fälschlicherweise angenommen – nicht ausschließlich an Frauen. Auch Männer können von den Übungen profitieren. Jedes Jahr werden circa 5.000 Männer infolge von Operationen harninkontinent. Vor allem nach radikalen Prostatektomien leidet jeder fünfte bis zehnte Mann dauerhaft an Inkontinenz, so Dr. Ricarda Bauer, Oberärztin der Urologischen Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München und Leiterin des dortigen Kontinenzzentrums.
Hinzu kommt, dass bei einigen Patienten eine Inkontinenz bei der Krebs-Nachsorge übersehen wird. Die Botschaft des Urologen geht nach Erfahrung von Dr. Ricarda Bauer oftmals nur in die Richtung: „Hauptsache, der PSA-Wert ist normal“ oder „Wenn Sie Ihren Harnstrahl unterbrechen können, sind Sie nicht inkontinent“.
Inkontinenz: Beckenbodentraining ist auch für Männer geeignet
Dabei verhält es sich bei der Harninkontinenz des Mannes anders als bei Frauen, die häufig beim Niesen oder Husten Urin verlieren: Die meisten Männer nässen während längerer körperlicher Anstrengung ein, beispielsweise beim Wandern oder bei der Gartenarbeit, heißt es weiter in einer Pressemitteilung der Kontinenz Gesellschft.
Zahlreichen Betroffenen kann ohne großen Aufwand geholfen werden: „Der erste Schritt ist oft ein Beckenbodentraining unter Anleitung eines Physiotherapeuten mit Spezialisierung auf dieses Thema“, so Dr. Ricarda Bauer. In den durch die Deutsche Kontinenz Gesellschaft zertifizierten Kontinenz- und Beckenboden-Zentren arbeiten dafür qualifizierte Physiotherapeuten. Eine Liste findet sich auf der Website der Deutschen Kontinenz Gesellschaft.
Beckenbodentraining nach Prostata-Operation
Wichtig ist dabei, sich an die Anweisungen und den vorgegebenen Trainingsumfang zu halten. Häufig kommt es vor, dass die Männer – getrieben vom Wunsch, wieder kontinent zu sein – zu viel auf einmal wollen und sich übernehmen. Doch auch beim Beckenbodentraining gilt: Wer es übertreibt, riskiert Schäden. Richtig ausgeführt kann jedoch durch gezielte Übungen die Beckenbodenmuskulatur dauerhaft gekräftigt und stabilisiert werden, und einer Inkontinenz so gegengesteuert werden.
Wem das regelmäßige Training nach sechs bis zwölf Monaten nicht geholfen hat, dem steht inzwischen eine Vielfalt an operativen Verfahren zur Verfügung. „Es gibt verschiedene Schlingensysteme, auch nachstellbare. Bei extremer Schädigung des Schließmuskels ist nach wie vor der künstliche Schließmuskel die Therapie der Wahl“, erklärt Dr. Ricarda Bauer.
Es gibt heute zahlreiche Behandlungsmethoden bei Inkontinenz, Betroffene müssen ihr Leiden nicht hinnehmen. „Insgesamt sollten alle Ärzte, die Männer vor und nach Prostataoperationen begleiten, offensiver als bisher häufig üblich mit der Thematik umgehen“, fordert Dr. Ricarda Bauer.
Foto: contrastwerkstatt