Hirnforscher erklärt Dories Gedächtnisstörungen
Bereits über zwei Millionen Kinobesucher in Deutschland haben den Disney-Film „Findet Dorie“ gesehen. In dem Blockbuster sucht die blaue Paletten-Doktorfisch-Dame ohne Kurzzeitgedächtnis ihre Eltern. Viele Zuschauer fragen sich nun: Gibt es solche Gedächtnisstörungen überhaupt?
Der Neurowissenschaftler Prof. Dr. Michael Madeja von der Hertie-Stiftung hat sich „Findet Dorie“ angesehen und erklärt, dass Dorie offenbar unter einer schweren Kurzzeitgedächtnisstörung leidet. Diese extreme Störung gebe es auch beim Menschen, wenn der Hippocampus beidseitig ausfalle. „Menschen, die mit einer beidseitigen Hippocampussklerose, also einer Schädigung beider Hippocampi, geboren werden, haben schwere Gedächtnisstörungen und die Entfernung beider Hippocampi führt zum vollständigen Verlust des Kurzzeitgedächtnisses“, sagt Madeja. Die Hippocampussklerose sei entweder genetisch oder durch einen Geburtsschäden wie Sauerstoffmangel bedingt. Er meint, auch Dorie müsse mit einer solchen Störung des Kurzzeitgedächtnisses auf die Welt gekommen sein. Heilbar sei die Erkrankung nicht; Dorie könne nur üben, um das Wenige, was sie an Gedächtnispotenzial hat, optimal zu nutzen.
Mehr Fantasie als Realitätstreue
Dass Dories Kurzzeitgedächtnis manchmal aber sehr gut funktioniert ist nach Ansicht des Neurowissenschaftlers unrealistisch. „Der Wechsel zwischen teilweise hervorragenden Kurzzeitgedächtnisleistungen und komplettem Versagen bei Dorie ist mehr durch einen guten filmischen Spannungsbogen als durch eine realitätstreue Abbildung einer echten neurologischen Störung bestimmt“, so Madeja.
Rein wissenschaftlich gesehen gibt es die Kombination von Dories Gedächtnisstörungen so also nicht. Außerdem wendet der Hirnforscher ein: Wer sich gar nichts für kurze Zeit merken könnte, würde auch kein Langzeitgedächtnis bilden können. Dorie kann sich aber an viele lange zurückliegende Dinge erinnern, wenn auch nicht an alles. Im Film hat sie immer wieder auch Probleme mit dem Langzeitgedächtnis. Viele zurückliegende Ereignisse sind ihr entfallen. Hier sieht Madeja ein psychisches Trauma, wahrscheinlich den plötzliche Verlust der Eltern, als Auslöser. Im Gegensatz zur Hippocampussklerose sei diese Störung durch Psychoanalyse und andere Psychotherapien oft gut therapierbar. „Dorie verliert ja auch einen Teil ihrer Langzeitgedächtnisstörungen durch die Hilfe ihrer Freunde“, erläutert Madeja.
Fische haben keinen Hippocampus
Nun ist Dorie kein Mensch, sondern ein Fisch. Fische hätten zwar wie die allermeisten Tiere Gedächtnisfunktionen in ihrem Nervensystem, erklärt Madeja. Doch einen Hippocampus hätten sie nicht, dieser besondere Teil der Hirnrinde sei eine Erfindung des Säugetiergehirns.
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